Marburg: Studierende protestieren gegen Olaf Scholz und fordern „Flip the Switch – 100 Mrd. für die Jugend"

Die studentische Vollversammlung der Philipps-Universität Marburg protestiert anlässlich des Bürgerdialogs am 2.2.23 in Marburg gegen Olaf Scholz. AStA und weitere rufen zur Demonstration auf.

Diese seit Corona bestehende Notlage hat sich im Rahmen des Krieges gegen die Ukraine dramatisch verschärft. Die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers steuert nicht erst seit den aktuellen Panzerlieferungen Richtung Krise: Der steigende Preis von Lebensmitteln, Wohnraum und Energie, die drastischen Einsparmaßnahmen an der Universität Marburg und die Passivität der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Klimakatastrophe besorgen viele Student*innen zutiefst. Das Einkaufen wird zur Zerreißprobe, die Wohnung zum Kühlschrank, der Seminarsaal zur Sardinenbüchse.

„Weil es sonst niemand anderes macht, müssen wir für unsere eigenen Rechte einstehen" sagt Marc Oran aus dem Vorstand des Allgemeinen Student*innen Ausschuss (AStA) Marburg. Deshalb beschloss die Studierendenschaft im Rahmen einer Vollversammlung, dem höchsten, satzungsgemäßen Gremium der Studierenden, zum Besuch von Olaf Scholz am 2. Februar 2023 in Marburg für ihre Forderungen zu protestieren. „Nur so können wir uns Gehör verschaffen, denn wir Studis haben nicht die Handynummer von Olaf Scholz auf der Kurzwahltaste, wie Lobbyisten der Energie-, Rüstungs- und Stromkonzerne", so Oran.

Pressemitteilung 31.1.2023

Flip the switch – 100 Mrd. für die Jügend! – Beschluss der studentischen Vollversammlung vom 19.01.2023

Die Preise für Lebensmittel und Energie explodieren seit letztem Jahr. Gleichzeitig steigen die Gewinne von Konzernen. Von den Studierenden, die alleine oder in einer Wohngemeinschaft leben, sind 3/4 (76,1%) armutsgefährdet. Die Armutsgrenze für eine alleinstehende Person beträgt in Deutschland 1251 € - ein Betrag, von dem die meisten von uns nur träumen können! Unsere Existenzen werden durch die Inflation immer stärker bedroht, die Lage spitzt sich zu und vielen von uns wird damit immer mehr das Recht auf Bildung verwehrt, weil sie sich aufgrund der steigenden Preise nicht mehr über Wasser halten können.

Selbst für diejenigen die BAföG beziehen, reicht der Regelsatz kaum für ein selbstbestimmtes und menschenwürdiges Leben. Viele sind auf prekäre Nebenjobs angewiesen, um sich ihre Bildung leisten zu können. Chancengleichheit und Bildungsgleichheit heißt, dass Bildung für ALLE zugänglich sein muss.

Viele Erstsemester, aber auch höhere, finden keine Wohnung! Aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt und der begrenzten Wohnheimplätze der Studierendenwerke haben viele große Schwierigkeiten eine Unterkunft zu finden. Das ist ein Zustand, den wir nicht aktzeptieren wollen!

Wir fordern:
- ein elternunabhängiges und existenzsicherndes BaföG für alle - ohne Rückzahlung!
- Aussetzung der Semesterbeiträge! Unbürokratische Soforthilfe!
- Mensapreise und Mieten runter! Dazu brauch es eine Ausfinanzierung des Studierendenwerks durch das Land Hessen!

Die Unterfinanzierung vertieft die Abhängigkeit von Drittmitteln, wodurch die Lehre an den Interessen ihrer Sponsoren orientiert wird. Während sich Unternehmen in die Lehre einkaufen, werden schon die ersten Stimmen dafür laut, die sowieso schon sehr unverbindliche Zivilklausel an einigen deutschen Universitäten aufzuheben. Das würde bedeuten, dass sich diese Universitäten für die Militärforschung öffnen würden. Wir brauchen jedoch eine verbindliche Zivilklausel und ausreichende Finanzierung aller Universitäten für eine unabhängige und kritische Lehre.

Kritische Wissenschaft als vergesellschaftende Aufklärung über unsere kollektive Handlungsmacht weist auf die Wichtigkeit von Bildungsinvestitionen hin. Statt in vereinzelter Bildschirm-Existenz das Publizieren und Antragsschreiben zu Drittmittel-, Exzellenz- und Verwertungszecken zu verschärfen, kann eine ausfinanzierte Universität die Beschäftigten sinnvollere Arbeit zur Forschung und Lehre ermöglichen. Deshalb stehen wir hinter den Universitätsbeschäftigten und den GEW Forderungen: „Tempo machen bei Entfristung“!

Besonders internationale Studierende leiden unter der prekären Situation. Nur im ausfinanzierten Universitätssystem können auch Hochschulangehörige mit psychischen Erkrankungen der derzeitigen Behindertenfeindlichkeit entgehen. Es braucht die Abschaffung der Regelstudienzeit, um Lernfortschritte an den Bedürfnissen der Hochschulangehörigen aller Statusgruppen zu orientieren.

Wir fordern:
- eine verbindliche Zivilklausel und ausreichende Finanzierung der Universitäten
- Gleiches Stimmrecht für alle Hochschulangehörigen!
- Statt 100 Milliarden für Krieg und Zerstörung, braucht es mehr Geld für die finanzielle Entlastung der Studierenden und kostenloser Bildung
- Abschaffung der Sperrkonten für internationale Studierende, Anerkennung von Hochschulabschlüssen

Wir wissen, dass der Klimawandel eine der größten Krisen für uns darstellt und bereits die jetzigen 1,1 Grad Erderwärmung haben fatale Folgen für Mensch und Natur. Dabei ist wissenschaftlich längst bewiesen: private Haushalte sind nicht für den hohen CO2-Ausstoß verantwortlich, sondern die mit Abstand größten CO2 Produzenten stellen vor allem der Industriesektor, die Energieproduktion und der Verkehr dar. Es braucht deshalb bezahlbaren und gut ausgebauten ÖPNV. Die Umstellung auf erneuerbare Energien muss gegen die Konzerne durchgesetzt werden, die von der akutellen Umwelt- und Energiepolitik profitieren.

Wir fordern:
- kein Weiterbetrieb von fossilien Energieträgern, sondern der massive Ausbau von erneuerbaren Energien
- Für die Wiedereinführung des 9€-Tickets als erster Schritt für einen kostenlosen ÖPNV

Weil wir als Studierende nicht alleine unter der Krise leiden, sondern ein Großteil der Bevölkerung betroffen ist, stehen wir an der Seite der sozialen Kämpfe, bei den Beschäftigten in den Tarifauseinandersetzungen um höhere Löhne und faire Arbeitsbedingungen gemeinsam mit Gewerkschaften! Besonders stehen wir auch an der Seite der Beschäftigten des UKGMs und fordern eine dringende Entprivatisierung in öffentliche Hand. Dafür rufen wir Alle auf mit uns gemeinsam am 02. Februar 2023 anlässlich Olaf Scholz Besuch in Marburg.

Demonstration: Donnerstag den 02.02.2023, 17 Uhr, Hbf Marburg