IPPNW fordert Schutz und Asyl für russische Oppositionelle

Anlässlich der gestrigen Abschiebung des international anerkannten russischen Umwelt- und Friedensaktivisten Roman Dolgov nach Schweden, kritisiert die ärztliche Friedensorganisation IPPNW die Migrations- und Asylpolitik der deutschen Bundesregierung. Sie komme ihrer Ankündigung, russischen Oppositionellen in Deutschland Schutz und Asyl zu gewähren nur unzureichend nach. Der Fall zeige zudem, dass die Dublin-Verordnung dringend abgeschafft werden muss.

„Im Angesicht des russischen Krieges gegen die Ukraine, sollte die Bundesregierung großzügig von der Möglichkeit, humanitäre Visa zu erteilen Gebrauch machen“, urteilt Carlotta Conrad, Vorstandsmitglied der IPPNW. „Oppositionelle, Deserteur*innen und Kriegsdienstverweiger*innen aus Russland – sie alle brauchen unbürokratisch Schutz in Deutschland und der EU. Die Aufgabe der deutschen Politik muss es sein, all denen zu helfen, die sich der Tötungsmaschinerie der russischen Armee entziehen wollen. Nur so können wir weiteres humanitäres Leid verhindern und russische Kriegsgegner*innen unterstützen.“

Der Fall Dolgov zeige die Inhumanität des Dublin Systems in der Praxis. Roman Dolgov war im Mai 2022 aus Russland zu seiner Familie nach Deutschland geflohen. Hier hatte er bereits von 2013 bis 2016 gelebt und gearbeitet. Das von der schwedischen Botschaft ausgestellte Schengen-Visum gestattete es ihm, sich an dem Ort in Sicherheit zu bringen, wo seine Partnerin mit dem gemeinsamen minderjährigen Sohn bereits länger lebte.

Zu dieser Zeit hatte die deutsche Regierung noch keine erleichterte Einreise russischer Dissidenten eingeführt. Anstatt ihm wie ukrainischen Staatsbürgern unbürokratisch Schutz zu gewähren, wurde er ins Asylverfahren gedrängt – der Ausgang: laut Dublin-Verordnung ist Deutschland in diesem Fall nicht zuständig.

„Das Dublin System ist ein bürokratisches Monster und verantwortlich für unzählige menschliche Tragödien. Asylsuchende werden wie Schachfiguren in Europa verschoben“, kritisiert Conrad weiter. Deshalb sei es dringend notwendig, die Dublin Verordnung abzuschaffen und zu einer Asylpolitik zurückzukehren, die den Schutz der Geflüchteten in den Mittelpunkt stellt.

„Wir sind bestürzt über die Abschiebung unseres ehemaligen IPPNW Kollegen Herrn Roman Dolgov nach Stockholm“, ergänzt IPPNW-Arzt Ernst-Ludwig Iskenius mit langjähriger Erfahrung in der Begleitung von Geflüchteten. „Das BAMF hat hier massiv gegen die Möglichkeit des Selbsteintritts im Asylverfahren aus humanitären Gründen verstoßen – damit soll normalerweise unzulässige Härte für die Betroffenen, wie etwa Familientrennungen, vermieden werden. Das BAMF muss Herrn Dolgov deshalb die Rückkehr nach Deutschland gestatten.“

Roman Dolgov ist ein international anerkannter Umweltaktivist in Russland. Er gehörte 2013 zu den "Artic 30" Besatzungsmitgliedern des Greenpeace Schiffes Artic Sunrise, die friedlich auf der Prirazlomnaya-Ölplattform gegen die Ölbohrungen in der Arktis protestierten. Dafür wurde er über zwei Monate in Murmansk und in St. Petersburg im Gefängnis inhaftiert. Nur durch massiven internationalen Druck konnte er amnestiert werden.

Pressemitteilung 24.3.2023