Immer brutalere Abschiebungen: PRO ASYL lehnt das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz ab

Zur heutigen ersten Lesung des sogenannten Rückführungsverbesserungsgesetzes im Bundestag ruft PRO ASYL alle demokratischen Parteien auf, die stetige Diskursverschiebung nach rechts außen zu beenden und sich gegen neue Rechtsverschärfungen auf dem Rücken Geflüchteter und ihrer Grundrechte zu entscheiden.

"Bereits jetzt werden bei Abschiebungen Grundrechte massiv verletzt, Familien werden getrennt, Gewalt wird ausgeübt und Menschen werden rechtswidrig in Abschiebehaft gesteckt. Mit den im Gesetz geplanten Verschärfungen befürchten wir, dass Grundrechtsverletzungen und  Gewalt zunehmen – deshalb lehnen wir das Gesetz ab", sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.

Seit Monaten drehen sich die erhitzten Debatten um die Belastung von Kommunen und Behörden, um vermeintlich Ausreisepflichtige, die nicht abgeschoben werden, um die sogenannte irreguläre Migration und um immer noch härtere Ideen und Gesetzesvorschläge, die die Grundrechte von geflüchteten Menschen immens einschränken sollen.

Verfassungsrechtliche Bedenken

PRO ASYL kritisierte bereits das Gesetzgebungsverfahren selbst, in dem den Verbänden weniger als 48 Stunden zur Stellungnahme gegeben wurde. Zudem lehnt PRO ASYL das Gesetz wegen verfassungsrechtlicher Bedenken an mehreren Stellen ab. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem eine Verlängerung des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage und der Abschiebehaft auf bis zu sechs Monate vor.

Zudem sollen künftig mit der Abschiebung beauftragte Personen quasi jedes Zimmer – auch nachts – in einer Geflüchtetenunterkunft betreten dürfen. Traumatisierende nächtliche und überfallartige Abschiebungen werden so stark zunehmen. Auch sollen massenhaft und ohne Verhältnismäßigkeitsprüfung Handys von Geflüchteten ausgelesen werden können. Und auch beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete bleibt das Gesetz weit hinter den Versprechen des Koalitionsvertrags zurück.

Doch mit all diesen Vorhaben werden die tatsächlichen Probleme – den Kommunen fehlen unter anderem Unterkünfte, Kitaplätze und mehr finanzielle Unterstützung – nicht gelöst. Eine  radikale Senkung der Zuzugszahlen von Geflüchteten ist  keine Lösung, die nachhaltig funktioniert.

Gesetz bringt keine Entlastung der Kommunen

"In der Diskussion wird ein Zusammenhang zwischen überlasteten Strukturen in den Kommunen und mehr Abschiebungen konstruiert, den es faktisch nicht gibt. Fakt ist, dass nur ein sehr kleiner Teil der Geflüchteten überhaupt abgeschoben werden darf, denn der allergrößte Teil von ihnen erhält einen Schutzstatus in Deutschland. Deshalb werden mit  dem Gesetz die Probleme der Kommunen nicht gelöst. Mehr  Abschiebungen schaffen keine Kita- oder Schulplätze, digitalisieren keine Behörden und bauen keine bezahlbaren Wohnungen. Dennoch springen auch demokratische Parteien auf menschenverachtende Narrative auf und spielen so den nicht-demokratischen Kräften in die Hände", sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.  

PRO ASYL hat mehrmals Vorschläge gemacht, wie mit einfachen Regularien Kommunen und Unterbringungsstrukturen entlastet werden können, zum Beispiel die Aufhebung der Pflicht für Geflüchtete in Sammelunterkünften zu wohnen, verbunden mit der Erlaubnis, wenn die Möglichkeit besteht privat bei Verwandten oder Bekannten unterzukommen.

Voller Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete nötig

Nicht weit genug gehen die Vorschläge für den Arbeitsmarkt: Statt die Arbeitsverbote für Geflüchtete ganz abzuschaffen, wird das komplizierte System der Arbeitsverbote und Arbeitserlaubnisse aufrecht erhalten. Geplant sind nur kleinteilige Erleichterungen für bestimmte Gruppen, nach wie vor abhängig von Unterbringungsform, Aufenthaltstitel und Herkunftsland.

Dieses System ist für Betroffene völlig undurchsichtig und bindet immense Kapazitäten bei den Ausländer- und Sozialbehörden. Zudem bewirkt es zum Teil das Gegenteil von Arbeitsmarktintegration: Häufig verlieren Geflüchtete ihnen angebotene Arbeitsstellen nur deswegen, weil die Behörden wegen der Überlastung zu spät dazu kommen, die Arbeitsangebote zu prüfen und die Anträge auf Arbeitsaufnahme zu entscheiden.

PRO ASYL fordert die Abschaffung aller Arbeitsverbote. Denn dies verschafft den Menschen einen schnelleren Auszug aus den Gemeinschaftunterkünften und finanzielle Unabhängigkeit von Sozialbehörden – und führt somit tatsächlich zu einer Entlastung kommunaler Unterbringungs- und Behördenstrukturen.

Pressemitteilung 30.11.2023