GEAS: Ein historischer Tiefpunkt für den Flüchtlingsschutz in Europa

Kinder in Haft, Asylschnellverfahren an den Außengrenzen, Abschiebungen in Länder ohne Schutz für Flüchtlinge, immer mehr Deals mit autokratischen Regierungen: Das ist die Zukunft des Flüchtlingsschutzes in Europa.

Seit Jahren Proteste gegen die Aushöhlung des europäischen Flüchtlingsschutzes

Über eine Reform des GEAS wird seit vielen Jahren diskutiert, verstärkt wieder seit rund 18 Monaten. Kurz vor Weihnachten 2023 hatten sich die EU-Mitgliedstaaten und das Parlament geeinigt, im Februar 2024 stimmte der zuständige Ausschuss des Europaparlaments dem Kompromiss zu. Obwohl sich die Mitgliedstaaten mit ihren restriktiven Vorschlägen in den allermeisten Punkten durchsetzen konnten, ist mit einer Mehrheit im Parlament für die Reform zu rechnen.

PRO ASYL protestiert seit Jahren, auch zusammen mit deutschen und internationalen Organisationen, gegen diese Verschärfungen und die Aushöhlung des europäischen Flüchtlingsschutzes. Vor der Abstimmung appellieren 161 europäische Organisationen an das Parlament, der Verschärfung doch nicht zuzustimmen.

Die Verordnungen treten voraussichtlich noch vor der Europawahl im Juni 2024 in Kraft, kommen aber erst 24 Monate später zur Anwendung, also im ersten Halbjahr 2026.

Reform missachtet das Leid und die Rechte von Schutzsuchenden

„Die GEAS-Reform ist unmenschlich und missachtet das Leid und die Rechte der Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Verfolgung fliehen. PRO ASYL wird zusammen mit Partnerorganisationen in ganz Europa weiter gegen die Isolations- und Abschottungsstrategie der EU kämpfen", sagt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.

Zu den massiven Verschlechterungen der GEAS-Reform gehören ein standardisiertes Screening, Asylverfahren an den Außengrenzen unter Haftbedingungen (auch für Familien) und extrem niedrige Standards für sogenannte sichere Drittstaaten außerhalb Europas. Das bedeutet: Ein großer Teil der Flüchtlinge wird in Zukunft kein reguläres Asylverfahren in einem EU-Land durchlaufen, sondern nur noch ein beschleunigtes Verfahren an den EU-Außengrenzen, in dessen Verlauf sie als „nicht eingereist" gelten – abgeschottet von der Außenwelt ohne die Chance auf Beratung oder rechtliche Unterstützung. Auch Kinder müssen in diesen haftähnlichen Bedingungen ausharren, sogar eine Inhaftnahme von Kindern während des Grenzverfahrens ist nicht ausgeschlossen.

In die sogenannten sicheren Drittstaaten können Schutzsuchende, die nach Europa geflohen sind, abgeschoben werden, ohne dass ihre tatsächlichen Fluchtgründe zuvor geprüft wurden – einfach, weil in einer Vereinbarung zwischen der EU und dem Drittstaat festgelegt wurde, dass zumindest Teile des Landes „sicher" sind. Die Genfer Flüchtlingskonvention zum Beispiel muss dort nicht gelten.

Pressemitteilung 11.4.2024