Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist für uns nicht verhandelbar!

Anlässlich des Urteils gegen Kristina Hänel fordert das Bündnis für körperliche Selbstbestimmung Frankfurt weiterhin die Abschaffung aller Anti-Abtreibungsparagraphen und somit die uneingeschränkte Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Wütend und auch etwas resigniert haben wir die gestrige Gerichtsentscheidung gegen Kristina Hänel zur Kenntnis genommen: Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass Kristina Hänel 3500 € Bußgeld zu zahlen habe, da sie auf ihrer Homepage darüber informiert, dass und wie sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Schuld an der empörenden Entscheidung ist im Ergebnis aber nicht das Oberlandesgericht, sondern die Politik.

In seiner Entscheidung bezieht sich das Gericht explizit auf die erst vor kurzem vorgenommene Neuformulierung des § 219a StGB. So sei es Ärztinnen zwar jetzt erlaubt, abstrakt darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche als medizinische Leistung durchführen. Seit der Neuregelung ist es aber jetzt gleichzeitig explizit verboten, über den Ablauf und die Details der medizinischen Eingriffe zu informieren.

Die Alibi-Reform der Bundesregierung hat, wie das Urteil zeigt, nicht nur wenig verbessert, sie hat offensichtlich sogar einiges verschlechtert.

Die noch aus der Nazi-Zeit stammenden Paragraphen in Strafgesetzbuch begrenzen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und entmündigen diese. Kleinere Schönheitskorrekturen reichen nicht aus, um den reaktionären Geist der gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch zu bekämpfen.

Es bedarf einer grundsätzlichen Neuorientierung und einer radikalen Überarbeitung der Gesetzgebung zu Schwangerschaftsabbrüchen: Schwangerschaftsabbrüche sollten endlich als medizinischer Eingriff und nicht im Strafgesetzbuch geregelt werden.

Es könnte so einfach sein: Als fundamentale medizinische Grundversorgung sollten Abtreibungen jeder ungewollt schwangeren Person kostenfrei ermöglicht werden. Der Zugang zu kostenfreien Beratungsangeboten und die Unterstützung von gewollt Schwangeren kann es schwangeren Personen ermöglichen, selbstbestimmt zu entscheiden, ob sie ein Kind bekommen möchten oder nicht.

Das Bündnis für körperliche Selbstbestimmung Frankfurt fordert daher die Abschaffung aller Anti-Abtreibungsparagraphen und somit die uneingeschränkte Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Martina Wronka: „Die deutsche Gesetzgebung zu Schwangerschaftsabbrüchen muss auf den Kopf gestellt werden. Sie kriminalisiert und stigmatisiert ungewollt Schwangere und die betreuenden Ärzt*innen. Schwangere, die abtreiben wollen, müssen sich einen Arzt suchen können, dem sie vertrauen. Wir fordern daher, die Abschaffung aller Paragraphen, die Schwangerschaftsabbrüche zu einem ‚Sonderfall‘ in der Medizin machen! Weg mit §§ 218 ff. StGB, insbesondere auch § 219a StGB! Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist für uns nicht verhandelbar.“

Zum Fall Kristina Hänel führte sie aus: „Das Urteil kam für uns nicht überraschend, sondern ist Ausdruck der gegenwärtigen katastrophalen Gesetzeslage. Wir erwarten jetzt von Politiker*innen aller Parteien, dass sie schnellstmöglich handeln. Die Alibi-Reform des Paragraph 219a reicht nicht aus und ist eine Unverschämtheit gegenüber allen, die schwanger werden können. Wir fordern die Streichung aller Anti-Abtreibungs-Paragraphen. Wir sind solidarisch mit Frau Hänel und wünschen ihr für ihren Gang vor das Bundesverfassungsgericht viel Kraft.“

Pressemitteilung 20.01.2021