Das Geheimtreffen der Neonazi-”Elite” – 3 Historische Analogien

Das Geheimtreffen der Neonazi-”Elite” – 3 Historische Analogien

Das Geheimtreffen (dank Correctiv nicht ganz so geheim) nahe Potsdam, bei dem unter anderem der Kopf der identitären Bewegung, der persönliche Referent der AfD-Fraktionsvorsitzenden, eine AfD-Bundestagsabgeordnete und der AfD-Fraktionsvorsitzende aus Sachsen-Anhalt einen „Masterplan“ für „Remigration“ – eine „ethnische Säuberung” – diskutierten, zeigt:

Es sieht ganz danach aus, dass eine geheime Arbeitsebene der AfD existiert, die strafbare Handlungen und Pläne erörtert. Der „Masterplan“ ist verfassungswidrig und richtet sich gegen Artikel 3, Artikel 16 und Artikel 21 des Grundgesetzes.

Es handelt sich um einen Plan, nach dem Millionen von Menschen aus Deutschland deportiert werden sollen. Die AfD nutzt dabei ganz bewusst den Tarnbegriff der „Remigration“, meint aber Deportation. Das Ziel der Deportationen: ein „Musterstaat“ in Nordafrika. Afrika wird dabei als Kontinent genutzt, dem zusammen mit seinen Bewohner*innen in imperialistischer, kolonialer Manier und Tradition der Subjektcharakter abgesprochen wird, nach dem Motto „da ist ja eh nichts“.

Die AfD fühlt sich sicher und kann sich mittlerweile fast alles erlauben, ohne die Gunst ihrer Wähler*innen zu verlieren – sie bekommt dafür sogar noch Beifall und ist buchstäblich „too powerful to care“. Das zeigt der kaltschnäuzige Umgang der AfD-Spitze mit der Enthüllung. Man distanziert sich nur halbherzig oder stimmt offen zu.

“Für den Erhalt unserer Identität”: Der sozialpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion postete auf X dieses völkische Bekenntnis.

Unverhohlene Anlehnung an den historischen NS

Die Neonazis von heute, darunter auch die sich legalistisch gebende AfD, orientieren sich an ihrem historischen Vorbild des deutschen Faschismus. Dabei drängt sich der Vergleich zu drei historischen Ereignissen auf.

1. Der Madagaskarplan: Der erste Plan zur Ausweisung aller Jüdinnen*Juden und Blaupause für heutige Neofaschisten

1940 entwickelte das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt des Deutschen Reiches den Plan, vier Millionen europäische JüdinnenJuden nach Madagaskar zu deportieren. Ursprünglich von Paul Anton de Lagarde 1885 vorgeschlagen, wurde der Plan am 29. Mai 1940 von Heinrich Himmler Hitler präsentiert und sollte eine „jüdische Wohnstätte unter deutscher Oberhoheit“ auf der vor der Ostküste Afrikas gelegenen Insel sein, die damals noch Kolonie von Frankreich war. Der Plan wurde nie umgesetzt, unter anderem aufgrund der britischen Eroberung von Madagaskar im Jahr 1942. Einige Historiker*innen sehen darin eine Strategie, die eigentliche Absicht, die Ermordung aller europäischen Jüdinnen*Juden, vor der Öffentlichkeit zu verschleiern.

2. Wannsee-Konferenz: aus Ausweisungs- werden Vernichtungspläne

Geheime Treffen in Villen nahe Potsdam zur Organisation von Ausweisung oder Ermordung von Millionen Menschen haben in Deutschland eine lange Tradition. Vor 82 Jahren, am 20. Januar 1942 fand die Wannseekonferenz statt, bei der hochrangige Regierungsvertreter der nationalsozialistischen Führung und der SS die systematische Ermordung von Millionen Menschen, die “Endlösung der Judenfrage”, in grausamen Details planten. Reinhard Heydrich lud zu diesem Treffen ein, Adolf Eichmann, Hauptorganisator der Shoah, war ebenfalls anwesend. Auf der Wannseekonferenz wurden Deportationszüge nach Osteuropa und Pläne für die Ermordung festgelegt. Bis dahin hatten die Nazis bereits 900.000 Jüdinnen*Juden getötet. Nach der Konferenz sollte die Ermordung schneller und „effizienter“ erfolgen, u.a. durch der Einsatz von Giftgas.

3. Boxheimer Dokumente 1931

Die Boxheimer Dokumente sind Pläne für eine gewaltsame Machtübernahme durch hessische Nazis der NSDAP im „Boxheimer Hof“ 1931. Verfasst wurden sie von NSDAP-Funktionär Werner Best. Die Dokumente sahen vor, dass bewaffnete Gruppen wie die SA und Landwehren die Macht ergreifen und den Ausnahmezustand erklären sollten, während politische Gegner*innen in Konzentrationslagern inhaftiert werden sollten.

Die Veröffentlichung der Dokumente im Herbst 1931 löste einen Skandal in der Weimarer Republik aus. In kommunistischen bis konservativen Medien wurde vor den „Blutplänen“ gewarnt und die Anklage wegen „Hochverrats“ gegen den Verfasser gefordert. Die Reichsregierung verharmloste den Vorgang jedoch, indem das Reichsjustizministerium den Straftatbestand des Hochverrats als nicht erfüllt ansah, da die Umsturzpläne angeblich nicht gegen die Regierung, sondern „nur“ gegen Kommunistinnen gerichtet waren. Die Pläne widersprachen dem damaligen “Legalitätskurs” der NSDAP, weshalb sie sich vom Inhalt der Dokumente distanzierte und bezeichnete sie als „Privatarbeit“ bezeichnete.

vvn-bda.de 15.1.2024