Verlegung einer "Stolperschwelle"

erstellt von Initiative Stolpersteine Frankfurt — zuletzt geändert 2022-09-10T08:38:00+01:00
zum Gedenken an das ehemalige jüdisch-christliche Budge-Heim in Frankfurt
  • Wann 14.09.2022 ab 09:30 Uhr (Europe/Berlin / UTC200)
  • Wo Hansaallee 146a (Westend)
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Organisiert von der Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main wird hiermit dieser bedeutenden jüdisch-christlichen Institution und dem Schicksal ihrer jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner gedacht, von denen 23 durch die Nationalsozialisten deportiert und ermordet oder in den Suizid getrieben wurden.

An der kleinen Zeremonie zur Verlegung werden neben dem Künstler Gunter Demnig auch Vertreter der Ortsbeiräte 2 und 9 sowie der Geschäftsführer und der Rabbiner der Henry und Emma Budge-Stiftung teilnehmen. Die Zeremonie wird musikalisch begleitet und alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen.

"Stolperschwelle"

Der Künstler Gunter Demnig schuf mit den bislang über 90.000 in vielen europäischen Ländern verlegten Stolpersteinen ein einzigartiges Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Während ein Stolperstein an das individuelle Schicksal eines Opfers erinnert, werden im Gehweg vor Gebäuden und Institutionen, wo viele Menschen verfolgt wurden, auch sogenannte Stolperschwellen verlegt. Diese breiten Messingtafeln bieten die Möglichkeit, mit ausführlicheren Beschriftungen auf die Geschichte der Institution und das Schicksal der Opfer hinzuweisen. In Frankfurt gibt es bislang erst drei solcher Stolperschwellen. Eine vierte wird nun im Gehweg vor dem historischen Gebäude des Budge-Heims in der in der Hansaallee 146a installiert. Die Schwelle hat die Maße von 75 x 10 cm.

Erinnerung an eine bedeutende jüdisch-christliche Institution in Frankfurt und an das Verfolgungsschicksal seiner Bewohnerinnen und Bewohner.

In der Hansaalle 146a befand sich das Altenheim der von dem jüdischen Ehepaar Henry und Emma Budge im Jahre 1920 gegründeten Stiftung. Als europaweit einzige Einrichtung ihrer Art hatte sie zum Ziel, gleichermaßen jüdische und christliche Menschen zu betreuen.

Bis 1930 wurde hier auf dem Grünhof-Gelände nach Plänen der Architekten Mart Stam, Ferdinand Kramer, Werner Moser und Erika Habermann das im Stile des "Neuen Frankfurts" errichtete, zweigeschossige Gebäude errichtet, das noch heute an dieser Stelle steht. Im Mai 1930 zogen die ersten Bewohnerinnen und Bewohner ein.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 nahm der Druck auf die jüdische Stiftung zu. Die letzten jüdischen Bewohner wurden 1939 aus dem Heim vertrieben.

Die Stiftung wurde zwangsweise aufgelöst, das Budge-Heim "arisiert" und unter dem neuen Namen "Heim am Dornbusch" weitergeführt. Wir wissen von 23 ehemaligen jüdischen Bewohnerinnen und Bewohnern, die nach ihrem Zwangsauszug deportiert und ermordet oder in den Suizid getrieben wurden.

Nach Kriegsende zog bis 1995 eine Zahnklinik der amerikanischen Militärbehörden in die Gebäude ein. Heute werden sie wieder als Alten- und Pflegeheim genutzt.

Die Auflösung der Budge-Stiftung wurde nach dem Krieg als unrechtmäßig erklärt, und den Wiedergutmachungsansprüchen der wieder erstandenen Stiftung wurde stattgegeben. Seit 1968 betreibt die Stiftung wieder ein großes interreligiöses und interkulturelles Pflegeheim im Frankfurter Stadtteil Seckbach. Hier wurde 2011 auch eine Gedenkstätte für die 23 Bewohner eingerichtet, die die Verfolgung nicht überlebt hatten.

Im Jahr 2019 verlegte die Initiative Stolpersteine an dieser Stelle in der Hansaallee 146a bereits einen einzelnen Stolperstein für die Bewohnerin Elise Hofmann, die 1942 nach Theresienstadt und Treblinka deportiert und ermordet wurde. Bei der Verlegung waren ihre Urenkelinnen Karen und Conny Levy aus den USA anwesend.

Die neue Stolperschwelle wurde angeregt durch den benachbarten Ortsbeirat 9 und wird, vorbehaltlich des noch ausstehenden Beschlusses, finanziert vom Ortsbeirat 2 (Westend).