"Fridays for Future" - Worum es geht, wenn's ums Weltklima geht

erstellt von farbeROT — zuletzt geändert 2019-03-18T17:08:38+02:00
Worum es geht, wenn's ums Weltklima geht: Staatenkonkurrenz um Energie
  • Wann 27.03.2019 ab 19:00 Uhr (Europe/Berlin / UTC100)
  • Wo Studierendenhauses (Raum K2, 1. Stock), Campus Bockenheim
  • Termin zum Kalender hinzufügen iCal

farbeROT lädt ein zur Diskussion mit Redakteuren der Zeitschrift GegenStandpunkt.

An Greta Thunberg und ihre jugendlichen Follower

Ihr streikt und protestiert gegen den Klimawandel. Ihr werft der Politik Inkonsequenz, Untätigkeit, Heuchelei bei der Lösung des Menschheitsproblems Nr.1 vor; und „den Erwachsenen“ überhaupt Ignoranz gegenüber den düsteren Aussichten für die „nachfolgenden Generationen“.

Nur: Stimmen denn diese Einwände? Wer ist eigentlich dieses eigenartig kollektive Subjekt „Menschheit“, von dem man immer nur hört, wenn es „bedroht“ sein soll?

Dass Inselgruppen absaufen, weil Polkappen abschmelzen: Macht das aus den Bewohnern der Fidschiinseln und Reedern, die sich neue Seewege erschließen, wirklich gleichermaßen Betroffene einer einzigen großen Gemeinschaft?

Und wenn es schon um die Bedrohung der Menschheitszukunft gehen soll: Wer bedroht sie? Womit eigentlich und warum? Auch wieder „der Mensch“, „wir alle“ und „jeder und jede Einzelne“? Oder doch mehr „die Politik“ oder „die Erwachsenen“? Oder ist das alles ein und dasselbe?

Ist es nicht bemerkenswert, dass die Höchstwerte Menschheit und Klima, in deren Namen ihr gegen die Politik antretet, deren eigene Werte sind? Und gibt es nicht zu denken, dass die Politiker eurem Ruf nach Schutz von Menschheit und Klima regelmäßig Recht geben – um sich dann im Namen ihrer Verantwortung für Menschheit und Klima genauso regelmäßig jede wirkliche Einmischung in ihre Politik zu verbitten?

Was die politisch Zuständigen dann im Namen der allseits geteilten Sorge um das Weltklima unter dem Titel Klimapolitik betreiben, das ist ihre nationale Energiepolitik, die gerade für die wichtigsten und mächtigsten unter ihnen immer eine Frage weltweiter kapitalistischer Geschäftsmöglichkeiten und zugleich strategischer Sicherheit und Überlegenheit gegenüber anderen Nationen ist.

Von wegen also „Untätigkeit“!

Sie konkurrieren um den Zugriff auf alte und neue Energiequellen, mischen sich dafür in die Energiepolitik ihrer Konkurrenten ein und versuchen umgekehrt, jede Einmischung anderer Mächte in die eigene Energiebewirtschaftung abzuwehren. Wenn dafür „Weltklima“ nicht die absolut passende Überschrift ist!

Darüber wollen wir mit euch und allen anderen Interessierten diskutieren.

Thesen zur Diskussion:
Klimapolitik 2019:

Schlecht gemachte Menschheitsrettung oder imperialistische Energiepolitik?

1. Das vom Klimawandel betroffene Kollektiv namens „die Menschheit“, welches die Klimapolitik angeblich retten will und auch nach Meinung vieler Kritiker der Klimapolitik eigentlich retten soll, gibt es nicht: Die unterschiedlichen und sogar gegensätzlichen Interessen, die im sich wandelnden Klima eine – für manche sogar vorteilhaft – veränderte Bedingung haben, addieren sich nicht zu einer großen Gesamtbetroffenheit.

2. Genauso stimmt das Gerücht nicht, dass ein allgemeines Subjekt „der Mensch“ das Klima verändert und versaut: Wer so redet und sich beschwert, der könnte schon an der eigenen Beschwerde merken, dass es anders sein muss. Der kritisch und protestierend vorgetragene Bedarf nach mehr Rücksicht auf die allgemeinen natürlichen Lebensgrundlagen ist offensichtlich sehr machtlos: welchen Akteuren und Interessen gegenüber? Dieser Frage nachzugehen, wäre vernünftiger, als immer so zu tun, als brauchten „wir alle“ nur mehr guten Willen.

3. Besser wird die Beschwerde auch nicht, wenn junge Menschen im Namen „der Zukunft“ auf die heute Erwachsenen, vor allem auf die Mächtigen unter ihnen, zugehen und sie dazu auffordern, „endlich zu handeln“: Mit dem Verweis auf „Zukunft“ und „Jugend“ kann man sich einerseits jeder Zustimmung und vieler feuchter Handschläge seitens der adressierten Politik sicher sein – und erfährt sofort, dass es doch ganz an den heute gültigen Zwecken und Erfolgsmaßstäben von Politik und Wirtschaft hängt, um was für eine „Zukunft“ es überhaupt geht: eine ohne „Arbeitsplätze“ und „Wachstum“ kommt jedenfalls nicht in Frage!

4. Auffällig ist, dass da moralische Höchstwerte kursieren, die sich nicht die Kritiker ausgedacht, sondern von den Vertretern der wirklichen Politik übernommen haben. Die finden es passend, ihr Tun damit zu schmücken. Aus schlagendem Grund: Sie adeln damit den Anspruch der von ihnen geführten Staaten, über den Umgang mit den natürlichen Lebensbedingungen weltweit zu befinden. Wenn Politiker versprechen, bei allem, was sie tun, an „die Menschheit“ zu denken, dann können sie tatsächlich auf ihre Macht über größere Teile der staatlich sortierten Menschheit und über mehr oder weniger Einfluss auf die Politik anderer Staaten verweisen – auf ihre wirkliche Zuständigkeit eben. Die praktizieren sie jeden Tag. Darum geraten sie ja ganz zu Recht ins Visier des Protests gegen das fortgesetzte Versauen der natürlichen Lebensgrundlagen. Darum ist aber auch klar, dass die beklagten Zustände eben auch Wirkungen der herrschenden Politik und ihrer Zwecke sind, und nicht die bedauerliche Folge von unterlassenen Taten und fehlendem Verantwortungsbewusstsein.

5. Das gilt auch angesichts dessen, dass der Standpunkt, Klima und Klimapolitik seien notwendige und wichtige Themen internationaler Verhandlungen und Vereinbarungen, aktuell ziemlich außer Verkehr gezogen wird. Allen voran die USA, in der Folge aber auch andere Staaten, lehnen es immer deutlicher ab, für eine angeblich gemeinsame Sorge ihre nationalen Vorteilsrechnungen hintanzustellen. Das kommt nicht von einer neuen Verantwortungslosigkeit, sondern daher, dass mit dem „Klima“ die Staaten der Welt noch nie einen Standpunkt jenseits ihrer internationalen Konkurrenz eingenommen haben – die ja auch zu besseren Zeiten in Sachen „Klimapolitik“ immer für viel Streit gesorgt hat.

6. Dieser international ausgefochtene Streit hat sich noch nie um das Naturphänomen namens Klima gedreht, von dem die für den Rest der Menschheit Zuständigen gelernt haben wollen, dass es durch CO2 versaut wird, weswegen sie sich gegenseitig in ihre Energiebewirtschaftung hineinreden. Umgekehrt: Weil es ihnen aus ganz anderen Gründen um eine Umstellung ihrer Energiepolitik geht, haben sie die Gleichung zwischen CO2-Emissionen und Klimaveränderung ins Recht gesetzt. Der Anspruch, dass ihnen dabei andere – mindere sowieso, aber auch und vor allem gleichstarke – Industrienationen folgen, kommt nicht daher, dass man das Klima nur „gemeinsam oder gar nicht“ retten kann. Auch hier ist es umgekehrt: Weil sich – Deutschland hat es vorgeführt - die nationalen Energiewenden gegen den Rest der Welt als Konkurrenten auf dem Energiemarkt richten, sollten alle anderen auf „gemeinsame Reduktionsziele“ verpflichtet werden – das ist das wirklich Globale an der „globalen Klimapolitik“.

7. Dagegen gibt es inzwischen mächtigen Einspruch angeführt von Trumps Amerika. Es greift – wiederum aus ganz anderen als klimatischen Gründen – in neuer Weise der Standpunkt um sich, dass die nationale Konkurrenzposition in der strategisch wichtigen Energiefrage nicht zum Gegenstand internationaler Vereinbarungen werden darf, die die eigene Nation unfrei machen. So ist dem aktuellen Konter gegen „gemeinsame Klimapolitik“ zu entnehmen, wie die immer schon gemeint war – als Strategie staatlicher Energiekonkurrenz –, also auch im nachhinein überhaupt keinen guten Glauben an ihre höhere Vernunft verdient.