Weitere Waffenlieferungen verlängern nur den Krieg, sie beenden ihn nicht!

erstellt von FIR — zuletzt geändert 2022-07-08T09:12:17+02:00
Die FIR bringt ihre große Sorge über die aktuelle Entwicklung im Ukraine-Krieg zum Ausdruck. Wir erleben eine widersprüchliche Entwicklung, die noch keine Lösung zu bringen scheint.

Einerseits setzen sich immer mehr Menschen und Organisationen der Zivilgesellschaft in Europa für ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine ein. In Ungarn hat MEASZ das Gedenken zum 8. Mai für einen Aufruf zum Frieden genutzt. In Italien haben ANPI, Gewerkschaften und Friedensbewegung einen umfangreichen Friedensappell veröffentlicht, der den Vorrang diplomatischer Lösungen fordert. In Griechenland hat die PEAEA deutlich ihre Ablehnung des Krieges formuliert. Aus den Vereinigten Staaten kommen zahlreiche Stimmen von ehemaligen hochrangigen Politikern, die für ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen eintreten. In Deutschland haben Intellektuelle in einem Appell an die Bundesregierung zur Diplomatie aufgerufen.

Wir sind sicher, dass es in weiteren europäischen Ländern ähnliche Friedensinitiativen gibt, die alle darauf hinauslaufen, dass die Kampfhandlungen in diesem Krieg zum Schutz der Zivilbevölkerung beendet werden und die sich gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine aussprechen. Selbst der Papst überlegt, in der kommenden Zeit für Friedensgespräche Kontakt nach Moskau und Kiew aufzunehmen.

Zudem hat sich in den vergangenen Monaten gezeigt: Weitere Waffenlieferungen verlängern nur den Krieg, sie beenden ihn nicht! Außerdem ist schon jetzt festzustellen, dass zahlreiche Waffen nicht bei der ukrainischen Armee landen, sondern auf dem schwarzen Markt verkauft werden, was die Gefahr terroristischer Anschläge in anderen Teilen der Welt deutlich erhöht.

Gleichzeitig führen die wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen in allen europäischen Staaten zu massiven Preissteigerungen nicht allein bei den Energiekosten, so dass die ärmsten Teile der Bevölkerung auch in den westlichen Ländern zu den direkten Leidtragenden des Krieges gehören.

Während die Friedensbewegung für einen Waffenstillstand eintritt, verkündet die NATO, dass der Krieg weitergeführt werden müsse – bis zum „Sieg der Ukraine". Es zeigt sich, dass insbesondere Großbritannien und die USA ein Interesse an der Verlängerung der Kampfhandlungen haben, weil damit Russland langfristig militärisch gebunden und geschwächt werde. Dass in dieser politischen Konfrontation auch internationale Verträge – und zwar von den Staaten der Europäischen Union –ohne zu zögern gebrochen werden, ist eine der gefährlichen Entwicklungen, die eine Ausweitung der militärischen Spannungen auf ganz Europa hervorrufen könnten. Dass Litauen – in Absprache mit der Europäischen Union – den mit internationalen Verträgen gewährleisteten Transfer zur russischen Enklave Kaliningrad einseitig behindert, ist eine Provokation, die von russischen Seite nicht akzeptiert werden kann. Die Behauptung, hiermit setze Litauen nur die beschlossenen Wirtschaftssanktionen der EU um, ist absurd, weil es bei diesem Transfer nicht um Im- und Export, sondern um Versorgungssicherheit eines hoheitlichen Territoriums Russlands geht. Will man denn nicht sehen, dass mit einem solchen Vorgehen das Risiko steigt, Russland könne die Versorgung seiner Enklave auch militärisch durchsetzen? Eine gefährliche Entwicklung.

Dabei erkennen wir auch politische Signale, die auf eine friedlichere Lösung hindeuten. So wurde – auf Bitten der Afrikanischen Union wegen einer drohenden Hungersnot in den Ländern des globalen Südens – ein Angebot von russischer Seite gemacht, den unbehinderten Getreideexport der Ukraine über den Hafen Odessa und das Schwarze Meer zu gewährleisten. Die Türkei ist bereit, an einer solchen Vereinbarung mitzuwirken. Erfreulich ist auch das Signal des ukrainischen Außenministeriums, sich von den geschichtsrevisionistischen Thesen des ukrainischen Botschafters in Deutschland Melnyk zu distanzieren, Dieser hatte seine Bewunderung für Stepan Bandera erklärt und behauptet, ukrainische Nationalisten seien nicht an den Massenmorden an jüdischen Menschen beteiligt gewesen.

Die Dramatik der gegenwärtigen Situation fordert von allen Antifaschisten, in ihren jeweiligen Ländern noch größere Anstrengungen zu unternehmen, im gemeinsamen Handeln mit anderen Friedenskräften, für ein Ende der Waffenexporte, gegen die Verstärkung der Militarisierung Europas und für ernsthafte Bemühungen um diplomatische Lösungen des Konfliktes einzutreten.

FIR Newsletter 2022-27 dt., 8.7.2022