Vor 50 Jahren: Free Angela Davis!

erstellt von FIR — zuletzt geändert 2022-06-03T15:55:50+01:00
Die FIR und ihre Mitgliedverbände waren in den vergangenen Jahrzehnten immer Teil der weltweiten Solidaritätsbewegung, bei der es darum ging, sich für das Leben und die Freiheit von Antifaschisten und Bürgerrechtlern einzusetzen. Eine der bekanntesten Persönlichkeiten in diesem Kampf war die US-Bürgerrechtlerin und Kommunistin Angela Davis.

Ende der 1960er Jahre erhielt die schwarze Bürgerrechtlerin im Rahmen der Studentenbewegung an der Universität von Kalifornien einen Lehrauftrag für Philosophie. Doch die politische Wirklichkeit in den USA verhinderte ihre akademische Karriere. Die Gründe waren einfach: Sie war Schwarze und Kommunistin. Der damalige Gouverneur Ronald Reagan, in den 1980er US-Präsident, der die Kriegspolitik vorantrieb, verhinderte ihre dauerhafte Anstellung an der Universität. Als sich Angela Davis dagegen auch vor Gericht wehrte, wurde sie Opfer einer politischen Intrige, die ihr eine Anklage als „Mittäterin" einer gewalttätigen Auseinandersetzung einbrachte. Der Vorwurf gegen die damals 26jährige lautete, sie habe eine Waffe besorgt, die bei einer missglückten Gefangenenbefreiung eingesetzt worden sei. Als „Mittäterin" wurde sie daher im Herbst 1970 angeklagt wegen "Mord, Geiselnahme und Verschwörung".  

Schon bei ihrer Verhaftung wurde die Haltlosigkeit der Vorwürfe deutlich und seit Oktober 1970 entwickelte sich eine breite Solidaritätsbewegung, zuerst in den USA, mit Beginn des Verfahrens auch international, an der sich die FIR und viele Mitgliedsverbände aktiv beteiligten. Die Solidarität mit Angela Davis lebte nicht nur in großen Aktionen und mächtigen Protesten, es waren auch und vor allem die kleinen Gesten, die Wirkung zeigten: So schickten Kinder aus vielen Ländern Angela Davis zu ihrem Geburtstag bildlich eine Million Rosen, Postkarten mit eigenen Zeichnungen, die säckeweise in ihre Zelle gebracht wurden.

In dem Verfahren gegen Angela Davis selber wurde deutlich, dass es der amerikanischen Anklagebehörde darum ging, eine Kommunistin und schwarze Bürgerrechtlerin mit dieser Anklage zu kriminalisieren und damit den politischen Protest der afro-amerikanischen Bevölkerung gegen Diskriminierung und Apartheit zu treffen. Ein erster Erfolg der Solidarität war es, als Angela Davis nach 16 Monaten Untersuchungshaft gegen Kaution aus der Haft entlassen wurde. Die Kaution stellte übrigens ein weißer Milchfarmer aus Kalifornien, der dafür seinen Grundbesitz verpfändete. So breit war die gesellschaftliche Unterstützung.

Im Hauptverfahren hatte Angela Davis nicht nur prominente Anwälte der Bürgerrechtsbewegung, sie selbst hatte als „Berater in eigener Sache" die Möglichkeit, einen Teil des Eröffnungsplädoyers zu übernehmen, wobei sie den rassistischen Hintergrund der Anklage entlarvte. Im Prozess selber entlarvten ihre Verteidiger, die windigen Konstruktionen der Anklage, die zwar über 100 Zeugen benannt hatte, aber keinen Schuldnachweis erbringen konnte.

Eine erkennbare Wirkung auf den Verlauf des Prozesses hatten die internationalen Solidaritätsaktionen. Die FIR berichtete mehrfach in ihrer Mitgliederzeitung über den Prozess. In vielen Ländern fanden Protestkundgebungen vor amerikanischen Botschaften und Konsulaten statt. Am 4. Juni 1972, vor 50 Jahren, verkündete das Geschworenengericht sein einstimmiges Urteil: „Unschuldig in allen Punkten der Anklage". Nach dem Urteil wurde Angela Davis gefragt, ob sie nun wieder „Vertrauen in die amerikanische Justiz" habe. Ihre Antwort war deutlich: „Die Tatsache, dass ich freigesprochen wurde, beweist nicht, dass ich ein faires Verfahren hatte. Wäre es ein faires Verfahren gewesen, hätte es niemals stattgefunden."

Angela Davis ist bis heute im antifaschistischen und antirassistischen Sinne aktiv. Und sie setzt sich ein für die zahlreichen rassistisch Verfolgten der amerikanischen Justiz. Das prominenteste Opfer bis heute ist Mumia Abu Jamal, Aktivist der Black-Panther-Bewegung und Journalist. Er befindet sich seit 40 Jahren in Haft. Ebenfalls basierend auf einer konstruierten Anklage wurde er wegen „Mittäterschaft" bei der Ermordung des Polizisten Daniel Faulkner zum Tode verurteilt, obwohl kein Tatnachweis erbracht werden konnte und der Hauptbelastungszeuge seine Aussage vor langer Zeit bereits revidiert hat. Dank internationaler Solidarität wurde die Todesstrafe vor einigen Jahren in lebenslange Haft umgewandelt, aber einer Freilassung verweigern sich die amerikanische Politik und Justiz bis heute. Solidarität bleibt also weiterhin nötig.

FIR newsletter 2022-22 dt., 3.6.2022