Videoüberwachung an der Westend-Synagoge

by dieDatenschützer Rhein Main veröffentlicht 09.03.2025

Offener Brief an Oberbürger Mike Josef und die Ordnungsdezernentin Annette Rinn der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main

Auch uns ist bewusst, dass Einrichtungen von und für in Deutschland lebende jüdische Menschen besonderer Gefährdung durch rechtsextremistische und islamistische Gewalttäter*innen und Organisationen unterliegen und deshalb eines besonderen Schutzes bedürfen.

Und gerade deshalb erscheint es uns notwendig, dass Sie vor einer entsprechenden Beschlussfassung in Magistrat und Stadtverordnetenversammlung einige Fragen – auch gegenüber der Frankfurter Bürgerschaft – beantworten:

  1. An welchen Punkten erscheint das bisherige Sicherheitskonzept der Landespolizei (bauliche Maßnahmen im öffentlichen Raum, Präsenz von Polizeikräften im nahen räumlichen Umfeld u.a.m.) unzureichend für den Schutz der Synagoge selbst und ihrer Besucher*innen zu sein?
  2. Wie viele und welche sicherheitsrelevanten Vorkommnisse gab es in den letzten 5 Jahren im räumlichen Umfeld der Westend-Synagoge?
  3. In wie vielen Fällen gab es daraus folgend in den letzten 5 Jahren Strafverfahren und Verurteilungen?
  4. In wie vielen Fällen gab es daraus folgend in den letzten 5 Jahren Ordnungswidrigkeiten, die behördlich verfolgt und mit Bußgeldern belegt wurden?
  5. In wie vielen Fällen war eine Aufklärung mangels Identifikation der Täter*innen nicht möglich?
  6. Welche zusätzlichen sicherheitsrelevanten Auswirkungen versprechen Sie sich durch die Installation von 24/7 in Betrieb befindlichen stationären Videoüberwachungskameras?

Zudem verweist die Gruppe auf ein weiteres Problem:
Das hessische Datenschutzrecht (HDSIG) enthält vergleichbare Regelungen zu Art. 9 Abs. 1 DSGVO, in denen festgestellt wird: „ Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen... religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen... hervorgehen... ist untersagt." Auf letzteres hat der Hessische Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Alexander Roßnagel in der Anhörung zur Novellierung des HSOG im November 2024 im Innenausschuss des Hessischen Landtags (dort S. 34) hingewiesen. Er erklärte dazu u.a.: „Die Ausweitung von Videoüberwachungsmaßnahmen geht grundsätzlich einher mit einer Intensivierung des  Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Gerade bei Glaubenseinrichtungen kann es zu bestimmten Zeiten (z. B. Gottesdienst oder Freitagsgebet) zu einem stark erhöhten Besucherstrom kommen, der dann entsprechend videoüberwacht werden würde. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass gerade im Zusammenhang mit der Ausübung von Religion vorliegend auch besondere Kategorien personenbezogener Daten i. S. v. § 41 Nr. 15 a) Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) von der Videoüberwachung – die religiöse Überzeugung der Besucher der Glaubenseinrichtungen – betroffen sein können. Diese Datenverarbeitung erfordert die Beachtung spezifischer Vorgaben. Nach § 43 Abs. 1 HDSIG muss die Datenverarbeitung zur Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlich sein und nach § 43 Abs. 2 HDSIG bedarf sie geeigneter Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen."

Pressemitteilung 6.3.2025