Strabag baut Langener Fahrradautobahn

erstellt von Waldbesetzung-Blog — zuletzt geändert 2021-07-19T09:40:25+02:00
Der Großkonzern Strabag (bekannt durch den Bau der A 49) baut den 2,3 Kilometer langen Streckenabschnitt von Egelsbach nach Langen der Fahrradautobahn Darmstadt-Frankfurt.

Die verantwortliche Regionalpark Rhein Main GmbH mit ihrem Geschäftsführer Manfred Ockel (bekannt durch den Waldverkauf Kelsterbacher Wald an die Fraport) lud letzten Freitag zum Spatenstich.

Wieso interessiert sich ein großer Baukonzern für den Bau eines Radweges? Nun, was hier entsteht ist kein Weg, sondern eine ausgewachsene, insgesamt 6,5 Meter breite Asphaltstraße, die übrigens durch ein Naturschutzgebiet führt. Es winken aber massive Folgeaufträge. Radschnellwegbau ist aufwändig. Entwässerung, Service, Winterdienst, Beleuchtung, Verkehrssicherung – nicht zu vergessen die geneigten Mülleimer, in welche die SchnellradlerInnen in Fahrt ihren Verzehrmüll schmeißen können.

Gemäß der Autobahn-Ideologie, die hier aufs Fahrrad übertragen wird, soll der Verkehr möglichst kreuzungsfrei laufen – so ist im Folgeabschnitt nach Dreieich sogar eine Unterführung unter einer Bahnlinie angedacht, auf der meist nur vier Züge pro Stunde verkehren. Übrigens in einer Feuchtzone. Das ergibt Bausummen, die für Strabag durchaus lukrativ sind.

Groß dabei bei der Spatenstichfeier waren auch die Magistratsmitglieder der Grünen aus Langen und Egelsbach, so auch der grüne Bürgermeister aus Egelsbach. Die beiden stark expandierenden Orte haben großes Interesse an neuem Straßenbau, um den Mehrverkehr aufzufangen. Wenn das mit grünem Mäntelchen („dient dem Klimaschutz“) möglich ist, um so besser.

Auch die Regionalpark Rhein Main GmbH räumt ein, dass die Fahrradautobahnen primär nicht zur Förderung des Radelns gebaut werden, sondern um die in der Region angefallen massiven Neuverkehre aufzunehmen. Also: Das Amazon-Lieferfahrzeug soll dem E-Bike nicht in die Quere kommen.

Auch deshalb war der Blog „Waldbesetzung“ immer gegen das Konzept Fahrradautobahn. Es dient dazu, den klassischen Autoverkehr zu schützen. Wer wirklich Verkehrswende will, muss klassisch-konventionellen Verkehr tatsächlich auf das Fahrrad und den ÖPNV verlagern, was bedeutet, dass die Bestandsstraßen auch von Elektroleichtfahrzeugen befahrbar sein müssen. Zudem darf das in den letzten Jahrzehnten brutal angewachsene Verkehrsvolumen nicht auf den Vor-Corona-Standard zurück.

Ziel muss es sein , so viele Verkehrsbeziehungen wie möglich vor Ort und am allerbesten fußläufig ausführen zu können. Es kann auch nicht sein, einem intermodalen Verkehrsverhalten jede „Wish to have“-Forderung zu erfüllen. Etwa dem E-Biker, der ursprünglich auf der Fahrradautobahn fahren will, bei einsetzendem Regen unterwegs seine Karosse in die S-Bahn schiebt – und dabei erwartet, dass für ihn Kapazität vorgehalten wird.

Das Fahrradschnellwegkonzept ist bereits veraltet, wo jetzt es umgesetzt wird. Der Platz in der Region ist knapp, Nutzungskonkurrenz ist an der Tagesordnung. Wo Grüne neue Straßen bauen wollen und Hessenforst das abnickt, hat der Wald keine Lobby mehr. Was wir heute brauchen ist ein Konzept des „shared Space“ (miteinander geteilter Raum), also Verkehrswege, welche von möglichst allen VerkehrsteilnehmerInnen genutzt werden können und nicht exklusiv von wenigen. Muskelkraft ist der E-Mobilität vorzuziehen - wo immer das möglich ist.

E-Mobilität ist ein großes Geschäft geworden, mit dem richtiges Geld verdient wird. Ein Beispiel dafür ist das Harley- Hybrid Bike, welches sich selbstverständlich über Asphalt unterm Reifen freut.

Als nächster Abschnitt der Radschnellwegplanung steht der Abschnitt Langen-Dreieich an. Hessenforst sperrt sich gegen eine Direkttrasse westlich der Main-Neckar-Bahn. Das ist positiv. Weniger gut ist, dass das Langener Forstamt Trassenalternativen durch den alten Hütewald zwischen Langen und Buchschlag nicht ausschließt. Um diesen Wald und die Rostädter Wiesen wurde zwischen 1975 und 2010 durch eine Bürgerinitiative gekämpft.

Jetzt steht die „Südumgehung light“ an.
Sinnvoll wäre es, die Fahrradtrasse durch bewohntes Gebiet zu legen ( sogenannte „Beule“) und unvermeidbare Waldabschnitte mit Kiesdecke zu versehen und nicht zu beleuchten. Die alte B 3 muss für die Nutzung durch Elektroleichtfahrzeuge ertüchtigt werden. Generell muss das Abstellen von Autos auf der Straße zurückgefahren werden. Die ist schließlich zum Laufen und Fahren, nicht zum Stehen da.

Grundsätzlich nötig ist in Rhein-Main der Stopp der Nachverdichtung und der Ausweisung von Neubaugebieten. Die ganze Bautätigkeit der letzten Jahre hat Wohnen nicht billiger gemacht sondern den Zuzugsdruck verstärkt. Entstanden sind zunehmend Wohnwüsten ohne soziale und gesellschaftliche Infrastruktur. Erst wenn die Lebensqualität auf dem Hund ist, wird es hier nach kapitalistischen Marktregeln wieder günstiger. Die Urbanisierung macht durch ihren Verkehrsdruck kleine Erfolge in Richtung naturschonende Mobilität schnell wieder zunichte.

waldbesetzung.blogsport.de 13.7.2021