Sicherheitsdienst stört bei Enthüllung eines Stolpersteins

by Hausprojekt NiKa veröffentlicht 31.10.2024

Am 29.10.2024 fanden sich am Vormittag einige Menschen vor der Karlstraße 19 im Frankfurter Bahnhofsviertel zusammen, um an der Enthüllung eines Stolpersteins teilzunehmen. Ungefähr 15 Leute nahmen teil.

Wir gedachten damit eines ehemaligen Bewohners an derselben Adresse: des jüdischen Kaufmanns Robert Zunz, der von hier aus 1938 ins KZ Dachau verschleppt wurde, 1942 in Richtung Osten deportiert und schließlich im Vernichtungslager Majdanek oder Sobibor umgebracht wurde.

Auch Bewohner*innen unseres Hausprojektes versammelten sich vor unserem Nachbargebäude, um an der öffentlichen Zeremonie teilzunehmen. Im Zuge dessen mussten wir Zeug*innen eines unschönen und der Gedenkfeier mehr als unwürdigen Vorfalls werden.

Ein leitender Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ALYBABA kam in Begleitung eines Uniformierten auf uns zu und verlangte mehrfach und lautstark im Befehlston, wir sollten weggehen. Zu dem Zeitpunkt hielt eine Angehörige von Robert Zunz gerade eine Ansprache über das Schicksal des Deportierten und Ermordeten.

Dem sich als Sheriff aufspielenden Security-Mitarbeiter wurde gesagt, dies sei eine Gedenkfeier, und er würde stören. Es sei entwürdigend, was er da mache. Das interessierte ihn nicht: Ganz egal, was es sei - wir müssten das jetzt abbrechen. Wir stünden auf privatem Gelände. Wir standen auf dem Bürgersteig. Zu Beginn hatten wir zwar mehr in einer Einfahrt gestanden, diese aber inzwischen längst freigehalten.

Wir blieben dort doch durch das anmaßende Verhalten dieses Mannes zog die Security die Aufmerksamkeit auf sich und störte durch dreistes Auftreten erheblich. Der leitende Mitarbeiter meinte noch, dieses Haus (mittlerweile Sitz des Verbandes der Chemischen Industrie) habe mit Politik nichts zu tun. Dass er offensichtlich keine Ahnung hatte, worum es ging, veranlasste ihn keineswegs, sich erstmal schlau zu machen. Stattdessen versuchte er sich an einem (prinzipiell strafbaren) Eingriff in das Versammlungsrecht.

Eine solche Störung einer Gedenkfeier bei der Enthüllung eines Stolpersteins dürfte in Frankfurt bisher beispiellos sein.

Dass eine öffentliche Veranstaltung auf einem öffentlichen Gehweg durch den Sicherheitsdienst in vorauseilendem Gehorsam gestört wurde, weil diese vermeintlich auf dem angeblichen Privatgrund seines Auftraggebers stattgefunden hat, zeigt zudem einmal mehr, was wir täglich mitbekommen: Der Sicherheitsdienst trägt nicht zu einem lebenswerten, sicheren Viertel für alle bei, sondern setzt Privatinteressen durch, ohne dabei das Viertel, dessen Geschichte oder seine Menschen heute im Blick zu haben.

Wir erwarten eine öffentliche Entschuldigung des Sicherheitsdienstes Alybaba!

Und wir danken den Organisator*innen des Projekts Stolpersteine für ihre so wichtige Erinnerungsarbeit!

„Auf dem Stolperstein bekommt das Opfer seinen Namen wieder, jedes Opfer erhält einen eigenen Stein - seine Identität und sein Schicksal sind, soweit bekannt, ablesbar. Durch den Gedenkstein vor seinem Haus wird die Erinnerung an diesen Menschen in unseren Alltag geholt. Jeder persönliche Stein symbolisiert auch die Gesamtheit der Opfer, denn alle eigentlich nötigen Steine kann man nicht verlegen.“ (Gunter Demnig)

Pressemitteilung 30.10.2024