Pandemie-Leugner*innen, Verschwörungsideolog*innen und Impfverweigerer*innen in Frankfurt

Bericht & Einschätzung zum Demonstrationsgeschehen am 20. November 2021

Am Samstag, dem 20. November 2021, sammelte sich mehr als 1000 Pandemie-Leugner*innen, Verschwörungsideolog*innen und Impfverweigerer*innen zu einer überregional mobilisierten Demonstration in Frankfurt. Diese zog vom österreichischen Konsulat am Reuterweg über den Opernplatz, den Roßmarkt und das Eschenheimer Tor zurück zum Reuterweg, wo sie an ihrem Startpunkt aufgelöst wurde.

Die Demonstration, angekündigt im Telegram-Kanal „World Wide Demo Deutschland“, sollte zunächst zentral in Magdeburg stattfinden, wurde nach einem Verbot am vergangenen Donnerstag aber nach Fulda verlegt. Nachdem die dortigen Versammlungsbehörde die zulässige Teilnehmer*innenzahl per Auflage auf 100 Personen begrenzt hatte, riefen die Corona-Leugner*innen und Impfverweigerer*innen zu dezentralen Protesten vor österreichischen Konsulaten – aufgrund der parallel stattfindenden Demonstration in Wien und dem angekündigten Lockdown in Österreich – auf. Der Aufzug in Frankfurt war dabei der deutschlandweit größte und wurde in den einschlägigen Telegram-Kanälen auch besonders prominent beworben.

Die Frankfurter Versammlungsbehörde war also offenbar nicht willens, es dem Fuldaer Ordnungsamt gleich zu tun und verhängte keinerlei Auflagen, die die Demonstration in ihrer Außenwirkung eingeschränkt hätten. So mussten die Teilnehmer*innen etwa keine Masken tragen; die Polizei begleitete den Aufzug kaum sichtbar und hielt sich auffällig zurück. Ziel dieser polizeilichen Handlungsweise schien es zu sein, einen ungestörten Vorweihnachtsbummel in der Innenstadt zu ermöglichen und zugleich die Demonstration ohne Einschränkungen durch die Innenstadt zu leiten. So wurden die Corona-Leugner*innen und Impfverweigerer*innen mit Samthandschuhen angefasst und nicht einmal die verordneten Auflagen (1,50 Meter Abstand) durchgesetzt.

Angriff in der Taunusanlage

Vor Beginn der Demonstration am österreichischen Konsulat kam es zu einem politisch motivierten Angriff in der Taunusanlage nahe der Alten Oper. Vier Personen, offenbar dem rechten Spektrum zugehörig, griffen unter Beleidigungen und dem Ruf „Komm, impf mich doch, du Zecke“ eine Gruppe von Personen an, die sie als Linke identifizierten. Diese wurden bedrängt und beleidigt, ihnen wurde mehrfach gegen den Schädel und die Rippen geschlagen. Eine angegriffene Person musste mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden, dabei konnten verschiedene Verletzungen festgestellt werden. Den Betroffenen dieses rechten Angriffs gilt unsere Solidarität. Wir wünschen ihnen gute Besserung!

Vierte Welle der Proteste?

Die Demonstration von vergangenen Samstag stellte die größte Veranstaltung der rechtsoffenen, verschwörungsideologischen Mischszene in diesem Jahr in Frankfurt dar. Inzwischen hat sich der inhaltliche Fokus von Corona-Leugnung deutlich zu Impfverweigerung verlagert. Das Publikum ist dabei aber stets dasselbe: Ein rechtsoffenes (klein)bürgerliches Publikum, größtenteils zwischen 40 und 60 Jahre alt. Auffällig für die Zusammensetzung der Demonstration am vergangenen Samstag war insbesondere, dass ein Großteil der Demonstrierenden von außerhalb der Stadt anreiste.

Das offensive Auftreten verschiedener extrem rechter Teilnehmer*innen und nicht zuletzt der Angriff in der Taunusanlage verdeutlichen das hohe Selbstbewusstsein der Szene an diesem Tag. In den kommenden Wochen ist aufgrund der aktuellen Inzidenzzahlen und wahrscheinlichen Maßnahmenverschärfungen wieder vermehrt mit Protesten der Corona-Leugner*innen und Impfverweigerer*innen zu rechnen. Die offene Beteiligung von Rechten ist weiterhin zu beobachten, sodass dort eine gefährliche Mischung verschiedener Spektren zusammen kommt.

Ob die lokalen Strukturen und Organisationen der Szene, die zuletzt recht schwach und wenig existent waren, dadurch aber einen Schub erreichen können, bleibt abzuwarten. So war etwa Gundolf Hambrock („Widerstand 4.0“) auf der Demonstration anwesend, Reste von „Querdenken69“ waren allerdings kaum sichtbar. Stattdessen übernahm Chris Barth („Querdenken651“) aus Darmstadt die Moderation. Dass die Darmstädter „Querdenken“-Gruppe in Frankfurt agiert, können wir bereits seit dem letzten Jahr immer wieder beobachten. Die Schwäche lokaler Organisationsstrukturen setzt sich also insgesamt trotz der vergleichsweise großen Demonstration vom vergangenen Samstag fort.

Das Mobilisierungspotential der Szene liegt lokal deutlich unter der Personenzahl, die am vergangenen Samstag durch die überregionale, teils bundesweite Mobilisierung erreicht werden konnte. Charakteristisch für das regionale Mobilisierungspotential sind eher die vergangenen Demonstrationen wie der „Frankfurter Freedom Day“ am 30. Oktober mit etwa 300 Teilnehmer*innen, die monatlichen „Schweigemärsche“ mit zurzeit etwa 60 Teilnehmer*innen oder auch der „Worldwide Walkout“, der am Samstag um 13 Uhr stattfand, mit etwa 40 Teilnehmer*innen.

Dennoch sollte die hohe Teilnehmer*innenzahl vom vergangenen Samstag nicht einfach hingenommen werden. Die widrigen Umstände und die kurzfristige Verlegung nach Frankfurt erschwerten die Bedingungen für Gegenprotest am Samstag. Um nicht unvorbereitet zu sein und damit sich das Bild vom vergangenen Samstag nicht wiederholt, ist die Planung von Gegenaktionen erforderlich. Mit einer „Solidaritätsdemo für die Brüder und Schwestern in Australien“ am 4. Dezember ist die nächste Aktion in Frankfurt bereits angekündigt.

Daher unser Appell: Haltet die Kanäle der „Querdenken“-Szene, von Verschwörungsideolog*innen, Corona-Leugner*innen und Co. im Blick und achtet auf Ankündigungen zum möglichen Gegenprotest. Zeigen wir ihnen wie im vergangenen Jahr schon, dass Frankfurt keine Lust auf sie hat.

Stellen wir uns Corona-Leugner*innen, Verschwörungsideolog*innen und Rechten konsequent entgegen!

asvi, 23.11.2021