Nothilfe und Menschrechte an der polnisch-belarussischen Grenze!

erstellt von medico international — zuletzt geändert 2021-11-11T18:07:42+01:00
Menschenrechte und Solidarität verteidigen hier nicht Europas Regierungen, sondern einzig und allein die Netzwerke der polnischen Zivilgesellschaft.

Moria, Lipa, Lampedusa, Kanaren: Die Außengrenzen der EU sind Schauplatz eines permanenten Ausnahmezustands. Das nächste Kapitel dieser menschenrechtlichen und humanitären Katastrophe spielt sich in in den Wäldern zwischen Belarus und Polen ab. Mehrere tausend Geflüchtete halten sich derzeit in der Grenzregion auf – unter ihnen auch viele Familien mit Kindern. Seit dem Sommer hat die europäische Abschottung hier mindestens neun Menschenleben gefordert. Die polnische Regierung hat die Region zur Sperrzone erklärt, lässt niemanden durch ihre Kontrollpunkte und verhindert damit Öffentlichkeit und Solidarität. Und die EU schaut wie immer zu oder weg.

Menschenrechte und Solidarität verteidigen hier nicht Europas Regierungen, sondern einzig und allein die Netzwerke der polnischen Zivilgesellschaft. Anwohner:innen und Aktivist:innen leisten Hilfe für die Menschen in Not. Sie verteilen Decken, Nahrung und leisten medizinische Ersthilfe in den Wäldern. Dabei bringen sie sich oft selbst in Gefahr. medico unterstützt die Helfer:innen des polnischen Netzwerks Grupa Granica (dt. Grenze). Sie besorgen Handys und SIM-Karten für Geflüchtete – sichere Kommunikation ist in einer solchen Situation unerlässlich. Anwält:innen des Netzwerks leisten juristischen Beistand für die Angehörigen von Todesopfern an der Grenze, helfen aber auch bei Asylanträgen und beraten für den weiteren Weg. In Planung ist außerdem ein Krankenwagen, mit dem Ärzt:innen die Grenzregion abfahren und direkt medizinische Hilfe leisten können. 

Die Geflüchteten stammen aus Krisengebieten wie Afghanistan, Jemen oder Syrien, viele von ihnen sind irakische Kurd:innen. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt verstecken sie sich vor dem Grenzschutz und hoffen auf eine Chance, dieser lebensgefährlichen Situation zu entkommen. Immer wieder versuchen einige in kleinen oder großen Gruppen, die Grenze nach Polen zu überwinden. Werden sie entdeckt, drängt sie das polnische Militär mit rechtswidrigen Pushbacks zurück nach Belarus, wo sie bereits von Soldaten erwartet werden, die sie wiederum zurückschieben. Menschen auf der Flucht werden zum Spielball, müssen tagelang in der Sperrzone ausharren und sind der Willkür schutzlos ausgeliefert. 

Anstatt weitere Zäune zu errichten und mehr Soldaten in die Grenzregion zu schicken, braucht es jetzt freien Zugang für Helfer:innen, einen humanitärer Korridor für die Geflüchteten, ihre Aufnahme in Europa und sichere Fluchtwege.

Für die Nothilfe und Menschrechtsarbeit an der polnisch-belarussischen Grenze bitten wir um Ihre Spende unter dem Stichwort Flucht & Migration.

Moritz Krawinkel, medico international