BUND Frankfurt fordert Moratorium der geplanten Rodung im Fechenheimer Wald

erstellt von BUND Frankfurt — zuletzt geändert 2022-09-08T12:08:06+02:00
Eichenheldbock-Käfer im Fechenheimer Wald nachgewiesen: Schutz des Lebensraums dieser FFH-geschützten Art (europäischen Flora- und Fauna-Habitat-Richtlinie) erforderlich.

Der BUND Kreisverband Frankfurt fordert ein Moratorium der von der Autobahn GmbH für Oktober 2022 geplanten Rodung eines ca. drei Hektar großen Teiles des Fechenheimer Waldes im Frankfurter Osten. Dieses Waldstück soll der Weiterführung der A66 zum Riederwaldtunnel weichen. Grundlage für diese Forderung ist der nun erfolgte Nachweis, dass in diesem Waldstück der streng geschützte Eichenheldbock lebt. Einer der Waldbesetzer hat ein Käferweibchen an einem der Bäume bei der Eiablage beobachtet und gefilmt. Auf Initiative des Aktionsbündnisses Unmenschliche Autobahn (AUA) wurde ein Käferexperte mit der Sondierung beauftragt und Beratung für die nun eingetretene Rechtslage eingeholt. Die Ergebnisse sind in diese Pressemitteilung eingeflossen.

Der neue Sachverhalt begründet einen drohenden Umweltschaden im Sinne des Umweltschadensgesetzes (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 a) USchadG) in Verbindung mit dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Danach ist ein Umweltschaden im Sinne einer Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen jeder Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands solcher Lebensräume oder Arten hat.

Der Eichenheldbock wird auch in Anhang IV der europäischen Flora- und Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) aufgeführt und zählt damit zu den besonders und streng geschützten Arten (§7 Abs. 2 Nr. 13 und 14 BNatSchG). Es wäre gesetzeswidrig, wenn seine Fortpflanzungsstätte aus der Natur entnommen, beschädigt oder zerstört würde. Auch eine Verletzung oder Tötung einzelner Individuen des Eichenheldbocks ist verboten (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG).

Zum Frankfurter Stadtwald: „Fast 97 Prozent der Bäume sind krank oder bereits tot.“

Das teilte Klima - und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig auf dem Frankfurter Waldkongress am 02.09.2022 in Bezug auf den Stadtwald mit und ergänzte, der Klimawandel habe erbarmungslos und rasant Fahrt aufgenommen. Deswegen fordert Dr. John Dippell, Vorstandssprecher des BUND Kreisverbandes Frankfurt: „Der Fechenheimer Wald ist nachhaltig gesund, denn er steht auf den feuchten schweren Böden ehemaliger Mainauen. Auch in Anbetracht der extremen Schäden in anderen Teilen des Stadtwalds darf nicht zugelassen werden, dass ein Teil dieses gesunden Waldes für ein Stück Autobahn geopfert werden soll. Das widerspricht auch den Zielen von Verkehrs- und Klimawende.“

Die Umsetzung der Planfeststellungsbeschlüsse zur A 66 würde die Rodung eines Teilstücks des Fechenheimer Waldes im Bereich des nachgewiesenen Brutbaums des Eichenheldbocks erfordern, womit zwangsläufig die Zerstörung des Brutbaumes verbunden wäre. Dadurch würden auch die aktuell abgelegten Eier des beobachteten Eichenheldbock-Weibchens und zwangsläufig die dann in Entwicklung befindlichen Käferlarven im und am Baum getötet. Da hierfür in den Planfeststellungsbeschlüssen keinerlei Vermeidung oder CEF-Maßnahmen vorgesehen sind, greifen auch nicht die Sonderregelungen des § 44 Abs. 5 BNatSchG, so dass die Umsetzung der Planfeststellungsbeschlüsse einen Verstoß gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG darstellen würde (CEF = continuous ecological functionality - Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion).

Das Vorkommen des Eichenheldbocks war zum Zeitpunkt des Erlasses der Planfeststellungs-beschlüsse nicht bekannt. Das haben zwei Gutachten zum Projekt Riederwaldtunnel ergeben, die Insektenvorkommen im Bereich des betreffenden Waldstücks ermittelt haben: „Erfassung von altholzbewohnenden Käfern im Bereich Anschlussstelle Borsigallee“ (Dr. Schaffrath, 2015) und „Aktualisierung faunistische Kartierung vom Ostportal des Tunnels bis zum östlichen Ende der Planfeststellungsgrenze mit der Anschlussstelle Borsigallee“ (Büro Simon & Wittig, 2017). Das erste Gutachten hat Hirschkäfer, Heldbock und Eremiten untersucht, aber keine dieser Arten im Untersuchungsgebiet festgestellt. Das zweite Gutachten hat im Wesentlichen Schmetterlinge untersucht und auch keine planungsrelevanten Arten festgestellt.

Also sind die drohenden Auswirkungen auf das Eichenheldbock-Vorkommen nicht ermittelt und nicht von der Zulassung umfasst. Eine Zerstörung oder auch nur Beschädigung des Brutbaumes würde auch nicht von der Ausnahme im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG umfasst, sondern einen Umweltschaden darstellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 a) USchadG).

Wir fordern deswegen die Autobahn GmbH auf, bis auf weiteres sämtliche Maßnahmen, die zu einer Beschädigung oder Zerstörung des Brutbaumes führen würden, zu unterlassen. Da noch weitere Verdachtsbäume im näheren Umfeld des Vorhabengebiets gefunden wurden, die Käfer sehr ortstreu sind und sich selten weiter als drei Kilometer von ihrem Brutbaum entfernen, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich im Vorhabengebiet weitere Brutbäume des Eichenheldbocks befinden.

Eine häufig angewendete „Vermeidungsmaßnahme“ wäre es, den Brutbaum zu fällen und in ein anderes Waldstück zu verbringen. Dies würde jedoch nach der Aussage des Käferexperten zur Schädigung der Population führen, denn die Larven entwickeln sich über viele Jahre und benötigen währenddessen einen lebenden Baum. Sie ernähren sich nämlich nicht vom Holz, sondern von Nährstoffen im Saftfluss des Baumes. Da die Larven mindestens drei bis fünf Jahre brauchen, ehe sie sich verpuppen, müssen der oder die Brutbäume zur Vermeidung der Tötung der Larven so lange stehen bleiben.

Unsere Forderung zu einem entsprechende Moratorium der Rodung des Teilstücks des Fechenheimer Waldes haben wir mit Schreiben vom 31.08.2022 an die Autobahn GmbH in Frankfurt, an das Regierungspräsidium in Darmstadt und an das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie und Wohnen in Wiesbaden gerichtet.

Presse Mitteilung des BUND Kreisverband Frankfurt, 8. September 2022