Kein Einzelfall: Verkauf von öffentlichem Eigentum an Dritte bei der Nassauischen Heimstätte

erstellt von Die Linke. im Römer — zuletzt geändert 2021-12-06T19:28:09+02:00
Im Jahr 2013 hat die Nassauische Heimstätte (NH), die zu 27,3 Prozent der Stadt Frankfurt gehört, in der Siedlung Westhausen begonnen, insgesamt 327 Reihenhäuser aus öffentlichen Wohnungsbeständen zu privatisieren. Im Zuge dessen wurde bekannt, dass ein Verkauf nicht nur an Mieter*innen, sondern auch an Dritte erfolgte.

Die Antwort auf die kleine Anfrage der Linksfraktion im Hessischen Landtag vom 15.09.2021 gibt Aufschluss über die sogenannte „Mieter*innenprivatisierung“. Dazu erklärt Eyup Yilmaz, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Römer:

„Die Antwort von Wirtschaftsminister Al-Wazir ist mehr als ernüchternd: So könne der Umfang der Weiterveräußerungen an Dritte nicht ‚vollumfänglich nachvollzogen“ werden. Dabei ist längst bekannt, dass Mieter*innen zum Kauf und sofortigen Weiterverkauf ihrer Häuser an Investor*innen animiert wurden. Von insgesamt 232 bisher verkauften Häusern, wurden 41 an Dritte veräußert. Das entspricht 17,7 Prozent aller Verkäufe. Somit ist der Verkauf an Dritte bei der NH keineswegs ein Einzelfall. Al-Wazir hebt selbst hervor, dass ‚einzig der Verkauf von leerstehenden Objekten an Dritte zulässig‘ sei. Der große Leerstand, verstärkt durch die schlechte Bausubstanz der Häuser, öffnete Tür und Tor für Investor*innen – im Wissen der NH.“

Seit längerem sei der Instandhaltungsstau in der Siedlung bekannt. Yilmaz weiter: „Während im Jahr 2015 noch etwa 260.000 Euro in die Instandhaltung investiert wurden, betrug die Investition 2021 nur noch 39.000 Euro. Dies entspricht einem Rückgang um 85 Prozent. Das ist ein Skandal angesichts der Tatsache, dass sich der Zustand der Häuser jedes Jahr dramatisch verschlechtert. Die NH verscherbelt systematisch verfallene öffentliche Häuser.“

Trotz Wissens um die Weiterveräußerung an Dritte hält die NH an der Umsetzung des Aufsichtsratsbeschlusses von 2009/2010 fest: „Allen ist mittlerweile klar, dass die Privatisierung in Westhausen ein schwerwiegender Fehler angesichts des massiven Mangels an bezahlbaren, öffentlichen Wohnraum in Frankfurt. Dass der Verkauf von öffentlichem Eigentum der NH erst jetzt auf Drängen des Ortsbeirats 7 (Antrags: OA 53/2021) gestoppt wurde, kommt leider viel zu spät. Das hätte schon vor Jahren passieren müssen.“

Die NH versuche sich stets als Wohnungsgesellschaft für bezahlbare Mieten zu inszenieren: „Dabei nutzt die NH jede Gelegenheit, um die Bestandsmieten nach Mietspiegel zu erhöhen. Dass die NH auch Partnerin des Portals ‚Frankfurt Fairmieten‘ zur Vermittlung von Wohnungen des Förderweg 2 ist, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wohnungen mit Quadratmeterpreisen zwischen 8,50 und 10,50 Euro selbst für den Mittelstand zu teuer sind. Die Geschäftspraxis der Privatisierungen und Mieterhöhungen zeigen, dass die NH nicht anders als gewinnorientierte Wohnungsunternehmen agiert,“ so Yilmaz abschließend.

Pressemitteilung 6.12.2021