IPPNW fordert Luftbrücke und sofortige und unbürokratische Evakuierung

erstellt von IPPNW — zuletzt geändert 2021-08-16T15:44:05+01:00
Taliban nehmen Kabul ein

Angesichts der Einnahme der afghanischen Hauptstadt Kabuls und der drohenden Machtübernahme durch die Taliban im Land, fordert die ärztliche Friedensorganisation IPPNW eine sofortige und unbürokratische Evakuierung aller afghanischen Ortskräfte. Asylanträge müsse man bis zur Ankunft in Deutschland vertagen. Außerdem sei eine Luftbrücke zwischen Kabul und Usbekistan notwendig, um möglichst viele Menschen zu retten.

„Jedes Zögern durch die Bundesregierung kann Menschenleben kosten“, sagt Angelika Claußen, Co-Vorsitzende der IPPNW. „Eine Luftbrücke zwischen Kabul und Usbekistan könnte innerhalb kürzester Zeit tausende Menschen aus dem Land bringen. Mit Charterflugzeugen wäre dann ein Weiterflug nach Deutschland möglich. Das Leben dieser Menschen liegt somit auch in den Händen der Bundesregierung. Als Ärzt*innenorganisation fordern wir deshalb Asylanträge zu vertagen und eine Luftbrücke einzurichten.“

Noch immer sind hunderte Mitarbeiter*innen westlicher Botschaften und tausende Afghan*innen im Land, die für deutsche Nichtregierungsorganisationen und Medien gearbeitet haben. Derzeit ist fraglich, ob die Zeit ausreichen wird, um diese rechtzeitig vor der Machtübernahme durch die Taliban aus dem Land zu bringen. Noch ist der Flughafen in Kabul durch das US-amerikanische Militär gesichert, aber schon der Weg dahin ist gefährlich. Viele Ortskräfte sind hunderte Kilometer entfernt. Gleichzeitig sind Ausreisen über den Landweg nicht mehr möglich, da die Grenzen entweder durch die Taliban kontrolliert oder durch die Nachbarstaaten gesperrt wurden.

„Die Situation im Land ist katastrophal. Es sind nicht nur die Mitarbeiter*innen westlicher Botschaften oder Helfer*innen der Bundeswehr, die derzeit in Lebensgefahr schweben. Viel bedrohlicher ist die Lage für diejenigen, die in Projekten gearbeitet haben, die dem Weltbild der Taliban widersprechen. Das können Lehrer*innen sein, die Mädchen unterrichtet haben oder Mitarbeiter*innen von Beratungsstellen für sexualisierte Gewalt. Viele dieser Menschen arbeiteten in deutschem Auftrag und mit deutscher Förderhilfe. Damit trägt Deutschland auch für ihr Leben Verantwortung“, unterstreicht Claußen. Die Betroffenen müssten mit den Ortskräften der Bundeswehr gleichgestellt und eine sofortige und unbürokratische Aufnahmeanordnung durch die Bundesregierung erwirkt werden.

Die IPPNW hatte den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan von Anfang an kritisiert. Die bevorstehende, schnelle Machtübernahme der Taliban zeige nun, dass die 20 Jahre Militäreinsatz zu keiner friedlichen Lösung des Konflikts beigetragen haben. Das verdeutliche noch einmal, dass ein generelles Umdenken hin zu ziviler Sicherheitspolitik und Konfliktlösung stattfinden muss.

Pressemitteilung 16. August 2021