IPPNW fordert Ende der nuklearen Geiselhaft

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW hat am Wochenende in Landsberg am Lech ihr 40-jähriges Jubiläum mit einem dreitägigen Kongress unter dem Motto „Ärztliche Verantwortung für eine Welt in Frieden“ mit mehr als 160 Teilnehmer*innen gefeiert.

Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist das Gründungsthema der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges auf tragische Weise wieder hochaktuell. Der Kongress verabschiedete ein Landsberger Memorandum, in dem ein Ende der nuklearen Geiselhaft und der rechtsverbindliche Verzicht Russlands und der USA auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen gefordert wurde.

„Unsere ärztlich begründete Warnung vor dem nuklearen Wettrüsten der Atommächte und vor einem Atomkrieg in Europa ist real. Das hat das schwedische Friedensforschungs­institut SIPRI am 13. Juni 2022 bestätigt. Alle neun Atommächte stocken ihr nukleares Arsenal auf“, heißt es in dem Memorandum. Russland und die USA besitzen 90 Prozent aller Atomwaffen. Beide Regierungen haben erst am 3. Januar 2022 zusammen mit China, Großbritannien und Frankreich erklärt, dass sie anerkennen, dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und nie geführt werden darf. Wenn Russland und die USA der Weltöffentlichkeit rechtsverbindlich erklären würden, dass sie einen Ersteinsatz von Atomwaffen ablehnen, könnten alle neun Atommächte dieser Erklärung schrittweise beitreten. Das wäre aus Sicht der Ärzteorganisation der erste Schritt der Atomwaffenstaaten zu einem Beitrag zum UN-Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen und ein Zeichen für Entspannung und Frieden.

Im Sinne einer Friedenslogik müssten schon während des Ukrainekrieges konzeptionelle Vorbereitungen getroffen werden für die Zeit des Waffenstillstandes und die Zeit nach dem Kriegsende. Nur so könne die gegenwärtig allseits herrschende Kriegslogik überwunden werden. „Für die IPPNW hat das Prinzip Gewaltreduktion und Deeskalation auch in einem laufenden Krieg Vorrang“, heißt es im Landsberger Memorandum. Die Ärzteorganisation plädiert für einen Verhandlungsfrieden und Interessensausgleich statt des Versuchs, ohne Rücksicht auf zivile Opfer einen militärischen Sieg zu erringen, wie ihn einige Stimmen in Europa und in den USA zurzeit fordern. Denn die Gefahr eines atomaren Eskalation sei real. „Langfristig streben wir eine neue europäische und internationale Sicherheitsarchitektur an, die auf dem Prinzip von gemeinsamer Sicherheit aufbaut“, heißt es in der Erklärung.

Die geplante Anschaffung der neuen US-amerikanischen Atombomber für die „modernisierten“ B 61-12 Utomwaffen durch die Bundesregierung lehnt die IPPNW ab. Die Kosten betragen geschätzte 20 Milliarden Euro.

Vom 18.-24. Juni 2022 nimmt eine IPPNW-Delegation an der ersten Staatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag in Wien teil, um auch für einen deutschen Beitritt zu dem UN-Vertrag für ein Atomwaffenverbot zu werben. Die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen ist Teil der Delegation.

Den vollständigen Text des „Landsberger Memorandums“ finden Sie unter http://news.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Landsberger_Memorandum.pdf

Pressemitteilung 19.06.2022