Informationsfreiheitssatzung für Offenbach schaffen

erstellt von DieDatenschützer Rhein Main — zuletzt geändert 2020-06-20T11:29:10+01:00
Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main begrüßt den Beschluss der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung

Am 18.06.2020 hat die Stadtverordnetenversammlung in Offenbach einen Antrag von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Freien Wählern beschlossen, um damit einen Weg einzuleiten, mit dem eine Informationsfreiheitssatzung für Offenbach bis spätesten 31.03.2021 geschaffen werden soll. Der beschlossene Antrag nimmt damit – wenn auch in abgeschwächter Form – einen Antrag der Fraktion Die Linkeauf. Dieserbaute auf dem Entwurf einer Mustersatzung für eine kommunale Informationsfreiheitssatzungauf, der von der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main erarbeitet und den kommunalen Spitzenverbänden in Hessen zur Kenntnis gegeben wurde.

Die Einführung einer Informationsfreiheitssatzung erhöht die Transparenz des Verwaltungshandelns und führt zu einer Stärkung von Demokratie und Bürger*innenrechten. Umfassende Informationsfreiheitsrechte stärken die Bürger*innenbeteiligung, das Vertrauen in das Handeln der Behörden und letztendlich die Demokratie. Antidemokratische Haltungen lassen sich mit sachlichen und verbindlichen demokratischen Prozessen wirksam zurückdrängen.

Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Mainbegrüßt den Beschluss der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung. Sie sieht darin einen deutlichen Fortschritt gegenüber der Haltung des Oberbürgermeisters der Stadt Offenbach, Dr. Felix Schwenke (SPD). Dieser sah – mindestens bis Juni 2019 – „keinen sinnvollen Anwendungsbereich für eine Informationsfreiheitssatzung“. So jedenfalls der Kern und der vorletzte Satz eines Schreibens, mit dem er auf eine Anregung der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main antwortete.

Sollte in Offenbach eine Informationsfreiheitssatzung geschaffen werden, die auch zum Inhalt hat, “Verwaltungsvorschriften der Stadt” und“Dienstanweisungen für die Stadtverwaltung” proaktiv zu veröffentlichen, wäre dies auch ein wichtiger Schritt, Licht in das Verwaltungshandeln des kommunalen Jobcenters MainArbeit zu bringen. Bislang agiert diese Behörde gegenüber ihren “Kund*innen” und der interessierten Öffentlichkeit als äußerst abgeschottetes Gebilde.

dieDatenschützer Rhein Main, Pressemitteilung, 19. Juni 2020

Mustersatzung (Entwurf): Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden in Hessen

Mustersatzung Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden in Hessen (Vorschlag der Bürgerrechtsgruppe (https://ddrm.de/) Stand: Dezember 2019 dieDatenschützer Rhein Main

Transparenz- und Informationsfreiheitssatzung Stadt / Gemeinde ...…

Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen der Stadt / der Gemeinde ...…

§ 1 Zweck der Satzung

(1) Zweck dieser Satzung ist es, die vorhandenen Informationen bei den mit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung befassten Stellen der Stadt / Gemeinde ... (im Folgenden: Stadt / Gemeinde) zur Vergrößerung von Transparenz und Offenheit der Verwaltung Stadt / Gemeinde

  1. in einem Transparenzregister über ein digitales Transparenzportal nach § 4 (Transparenzpflicht) zu veröffentlichen,
  2. die Voraussetzungen und das Verfahren für die Zugänglichmachung nach § 5 (Informationszugang auf Antrag) zu regeln.

§ 2 Gegenstand der Satzung

(1) Von der Satzung betroffen sind ausschließlich Informationen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Stadt / Gemeinde einschließlich der Eigenbetriebe, sowie Unternehmen, die der Stadt/ Gemeinde entweder zu mehr als 50% gehören.

(2) Soweit Informationen

  1. personenbezogene Daten betreffen,
  2. in Verschlusssachen enthalten sind,
  3. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, in deren Offenbarung die oder der Betroffene nicht eingewilligt hat, oder
  4. einem Berufs- oder besonderem Amtsgeheimnis unterliegen,

sind sie nicht Gegenstand dieser Satzung.

§ 3 Grundsatz

(1) Jede natürliche oder juristische Person hat nach Maßgabe dieser Satzung Zugang zu Informationen nach § 2.

(2) Der Zugang zu Informationen nach § 2 ist auch bei einer anonymisierten Anfrage zu gewähren.

§ 4 Transparenzpflicht

Die Stadt / Gemeinde soll in einem eigenen Transparenzregister über ein eigenes digitales Transparenzportal insbesondere veröffentlichen

  1. Satzungen und Verordnungen der Stadt / Gemeinde,
  2. die Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung / den Gemeinderat,
  • Richtlinien der Stadtverordnetenversammlung / des Gemeinderats,
  • Verwaltungsvorschriften der Stadt / Gemeinde
  • Dienstanweisungen für die Stadt- / Gemeindeverwaltung,
  • den Aktenplan der Stadt / Gemeinde,
  • Statistiken der Stadt / Gemeinde und
  • soweit durch die Sicherstellung des Schutzes personenbezogener Daten oder sonst rechtlich geschützter Vertraulichkeitsinteressen diese einer Veröffentlichung nicht entgegenstehen
  • Einladungen zu Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung / des Gemeinderats und der Ausschüsse nebst Tagesordnung,
  • Niederschriften zu öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung / des Gemeinderats und der Ausschüsse,
  • Sitzungsvorlagen zu öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung / des Gemeinderats und der Ausschüsse,
  • in öffentlichen Sitzungen gefasste Beschlüsse,
  • Subventions- und Zuwendungsbescheide der Stadt / Gemeinde, Rechnungsprüfungsberichte,
  • Haushaltspläne der Stadt / Gemeinde,
  • Stellenpläne der Stadt / Gemeinde,
  • Budgetpläne der Stadt / Gemeinde,
  • Beteiligungsberichte der Stadt / Gemeinde an Unternehmen in Privatrechtsform,
  • funktionsbezogene Organisations- und Geschäftsverteilungspläne der Stadt / Gemeinde,
  • Tätigkeitsberichte von Beauftragten der Stadt / Gemeinde,
  • von der Stadt / Gemeinde eingeholte Gutachten,
  • Bauleitpläne und Landschaftspläne,
  • von der Stadt / Gemeinde abgeschlossene Verträge.

§ 5 Informationszugang auf Antrag

(1) Alle nicht bereits nach § 4 veröffentlichten Informationen sind nach Maßgabe dieser Satzung auf Antrag zugänglich zu machen. Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann wählen, ob ihr oder ihm von der Stadt / Gemeinde Auskunft erteilt, Akteneinsicht gewährt oder die Informationsträger zugänglich gemacht werden, die die begehrten Informationen enthalten. Begehrt die Antragstellerin oder der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand. Der Antrag kann fernmündlich, schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift gestellt werden. In dem Antrag sind die begehrten Informationen zu bezeichnen. Ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt und lässt er nicht erkennen, auf welche Informationen er gerichtet ist, hat die auskunftspflichtige Stelle die Antragstellerin oder den Antragsteller zu beraten. Diese Beratungspflicht erstreckt sich auch auf andere Gründe, die einer vollständigen oder teilweisen Versagung des Antrags begründen würden.

(2) Die Stadt/ Gemeinde beauftragt eine zentrale Stelle als Ansprechperson, bei der die Anträge nach Abs. 1 gestellt werden können. Die Stadt / Gemeinde gibt öffentlich bekannt, insbesondere auf ihrem Transparenzportal, zu welchen Zeiten und wie diese Ansprechperson erreicht werden kann. Außer bei der Ansprechperson können die Anträge auch bei jedem Bürgeramt (ggf. andere Bezeichnung in anderen Städten/ Gemeinen) oder direkt bei der auskunftspflichtigen Stelle gestellt werden. Auskunftspflichtige Stelle ist die Stelle, bei der die begehrte Information erwachsen ist. Ist die angerufene Stelle nicht die auskunftspflichtige Stelle, so hat die angerufene Stelle die nach Satz 4 auskunftspflichtige Stelle zu ermitteln und an diese den Antrag unverzüglich weiterzuleiten und die Antragstellerin oder den Antragsteller darüber zu informieren.

Handelt es sich um vorübergehend beigezogene Akten anderer öffentlicher Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden sollen, so weist die Stadt/ Gemeinde auf diese Tatsache hin und nennt die für die Entscheidung über die Einsicht in diese Akten zuständige Stelle.

(3) Informationen im Sinne dieser Satzung sind alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern bei der auskunftspflichtigen Stelle vorhandenen Informationen nach Maßgabe des § 2.

(4) Wenn der Antragstellerin oder dem Antragsteller Akteneinsicht gewährt wird, stellt die Stadt / Gemeinde während der Öffnungszeiten ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten dafür zur Verfügung und gestattet die Anfertigung von Notizen.

(5) Die Stadt / Gemeinde kann die Antragstellerin oder den Antragsteller auf die Veröffentlichung in ihrem digitalen Transparenzportal verweisen.

§ 6 Bearbeitung des Antrags

(1) Die Stadt / Gemeinde macht die Informationen innerhalb von einem Monat zugänglich.

(2) Die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des begehrten Zugangs zu Informationen hat innerhalb der in Abs. 1 genannten Frist schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen.

(3) Soweit die Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigt, kann die Frist des Abs. 1 um bis zu zwei Monate verlängert werden. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren.

§ 7 Schutz öffentlicher Belange, der Rechtsdurchsetzung und des behördlichen Entscheidungsbildungsprozesses

(1) Die Transparenzpflicht nach § 4 und der Informationszugang auf Antrag nach § 5 bestehen nicht, soweit und solange

  1. die Preisgabe der Informationen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erhebliche Nachteile bereiten würde,
  2. die begehrten Informationen nach einem Gesetz geheim gehalten werden müssen,
  3. durch die Bekanntgabe der Informationen die Durchführung eines anhängigen Gerichtsverfahrens, eines Strafverfahrens, eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, Disziplinarverfahrens, eines Verwaltungsverfahrens, der Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder der Erfolg von bevorstehenden behördlichen Maßnahmen, von ordnungsbehördlichen Anordnungen oder Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung sowie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der betroffenen Behörde gefährdet werden könnte,
  4. durch die Veröffentlichung von Entwürfen von Entscheidungen sowie den Arbeiten und Beschlüssen für ihre unmittelbare Vorbereitung der Erfolg der behördlichen Entscheidung gefährdet werden könnte,
  5. es sich um Protokolle vertraulicher Beratungen handelt,
  6. sich der Inhalt der Information auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen öffentlichen Stellen bezieht,
  7. das Bekanntwerden des Inhalts der Information die Funktionsfähigkeit der Verwaltung der Stadt / Gemeinde beeinträchtigt oder
  8. es sich um Informationen handelt, die ausschließlich Bestandteil von Vorentwürfen und Notizen sind, die nicht Bestandteil des Vorgangs werden sollen und alsbald vernichtet werden.

(2) Informationen, die nach Abs. 1 vorenthalten worden sind, sind jedoch spätestens und unverzüglich nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens zugänglich zu machen. Dies gilt bei vertraulichen Beratungen nur für Ergebnisprotokolle.

§ 8 Trennungsprinzip

Wenn nur Teile der begehrten Information den Schutzbestimmungen nach dieser Satzung unterliegen, werden die übrigen Teile der Antragstellerin oder dem Antragsteller zugänglich gemacht.

§ 9 Informationsfreiheitsbeauftragte oder Informationsfreiheitsbeauftragter der Stadt / Gemeinde

(1) Die Stadt / Gemeinde bestellt eine Informationsfreiheitsbeauftragte oder einen Informationsfreiheitsbeauftragten. An die Informationsfreiheitsbeauftragte oder den Informationsfreiheitsbeauftragten kann sich jede Person wenden, die der Ansicht ist, dass ihre von dieser Satzung gewährten Rechte nicht oder nicht vollständig beachtet worden sind. Auf die Möglichkeit der Anrufung der oder des Informationsfreiheitsbeauftragten hat die nach § 5 Abs. 2 Satz 4 auskunftspflichtige Stelle hin – zuweisen. Weitere Rechte der Person bleiben durch die Anrufung der oder des Informationsfreiheitsbeauftragten unberührt.

(2) Im Fall des Abs. 1 Ziffer 2 hat die oder der Informationsfreiheitsbeauftragte das Recht sich direkt an die (Ober-)Bürgermeisterin oder den (Ober-)Bürgermeister zu wenden. Sie oder er veröffentlicht über die Art und Weise der Umsetzung dieser Satzung einen Tätigkeitsbericht. Gibt es in der Stadt / Gemeinde eine behördliche Datenschutzbeauftragte oder einen behördlichen Datenschutzbeauftragten, soll diese oder dieser mit der Aufgabe betraut werden.

(3) Der Rechtsweg bleibt unberührt.

§ 10 Kosten

(1) Für Tätigkeiten aufgrund dieser Satzung können Gebühren erhoben werden.

(2) Für die Übermittlung von Informationen über Kommunikationsnetze in elektronischem Format und die Gewährung unmittelbaren Zugangs zu Informationen werden keine Auslagen erhoben. Dies gilt auch für die Erstellung und Übermittlung von bis zu zehn schwarz-weiß-Duplikaten in DIN A4- und/oder DIN A3-Format oder die Erstellung einer Reproduktion von verfilmten Akten oder die Weitergabe einzelner Daten in verkörperter elektronischer Form. Soweit die Antragstellerin oder der Antragsteller die Bereitstellung der Informationen in einer anderen Form oder in einem über Satz 2 hinausgehenden Umfang wünscht, hat sie oder er der Stadt / Gemeinde die hierfür tatsächlich entstehenden angemessenen Kosten zu ersetzen. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist auf diese Pflicht zur Kostentragung und die Höhe der Kosten vorab hinzuweisen.

(3) Auf Antrag kann von der Erhebung der Kosten gemäß Abs. 2 Satz 3 aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses ganz oder teilweise abgesehen werden.

§ 11 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am .... in Kraft.

DieDatenschützer Rhein Main; E-Mail: kontakt@ddrm.de