Hausbesetzung als Zeichen gegen Gentrifizierung und Verdrängung im Gallus!

erstellt von Freiräume statt Glaspaläste — zuletzt geändert 2022-12-03T17:29:55+02:00
Wir von "Freiräume statt Glaspaläste" sind ein Zusammenschluss von Einzelpersonen und Gruppen, die zu Themen wie Recht auf Stadt und bezahlbaren Wohnraum für alle arbeiten. Wir reagieren mit unserer Aktion auf die unsoziale und profitorientierte Stadtentwicklung Frankfurts und machen auf Leerstand sowie die Verdrängungspolitik im Gallus aufmerksam. Mit der Hausbesetzung in der Günderrodestraße zeigen wir uns solidarisch mit den Personen, die auf dem profitorientierten Wohnungsmarkt nicht repräsentiert werden und fordern sozialen und bezahlbaren Wohnraum für alle, denn Wohnen ist ein Menschenrecht!

Das Gallus ist ein Viertel, das seit Jahrzehnten im stetigen Wandel ist. Als ursprüngliches Arbeiterviertel bekannt, unterläuft es spätestens seit der Jahrtausendwende einem typischen staatlich gestützten Gentrifizierungswandel. Die ursprüngliche Bevölkerungsstruktur war vor allem migrantisch, hatte eher niedrige Einkommen und gehörte zu den auf dem Wohnungsmarkt vulnerablen Bevölkerungsgruppen, wie beispielsweise Familien mit mehreren Kindern oder alleinerziehende Mütter. Die nun vorherrschende Bevölkerungsstruktur entspricht diesem Bild nicht mehr, sondern verkörpert vielmehr das Image der kreativen Global City Frankfurt - international und wohlhabend.

Auch kommunale Mechanismen im Viertel haben nicht zum Erhalt des Milieus geführt, da rechtliche Spielräume wie die Erhaltungssatzung nicht genügend angewandt oder verpflichtende Sätze für geförderten Wohnraum nicht eingehalten wurden.

Der Wandel im Gallus ist vor allem durch Verdrängung gekennzeichnet - prekäre und vulnerable Gruppen finden im Viertel keinen Platz mehr und werden aus ihren Wohnungen an die Stadtränder getrieben. Dieser Verdrängungsdruck ist vor allem seit Bau des angrenzenden Europaviertels deutlich spürbar - ein Viertel, das besonders durch den hohen Anteil an Leerstand bekannt geworden ist. Im Frühjahr 2023 soll das Bauprojekt "Hellerhöfe" für ein ähnliches Klientel direkt an der S-Bahn Station Galluswarte gebaut werden. Dafür wird das ehemalige FAZ-Gelände, sowie mehrere Mehrfamilienhäuser komplett abgerissen. Schaut man sich den Bebauungsplan an wird klar, für wen das neu geplante Viertel gebaut wird: für Personen, die nicht vom Verdrängungsdruck betroffen sind und das neue, hochwertige Wohn- und Dienstleistungsviertel repräsentieren sollen.

Dabei sind Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit keine ungewollten Nebeneffekte von Neubau und Aufwertung, sondern bewusste Strategien, um Städte wettbewerbsfähiger und attraktiver zu machen. Zugleich schwindet der Bestand an Sozialwohnungen rapide. Während jedes Jahr Hunderte von Sozialwohnungen ihren Status als solche verlieren und normal über den Markt vertrieben werden, entstehen kaum neue. Hier fordern wir die Stadt auf, Wohnraum für alle Personen anzubieten, unabhängig von der finanziellen Lage.

Grundbedürfnisse dürfen kein Spekulationsobjekt sein, besonders in Zeiten von Krise und Inflation. Wir sagen: Häuser denen, die drin wohnen - gegen Luxus- und Mittelstandsverdrängung im Gallus, gegen jede Zwangsräumung!

Wir fordern für das Bauprojekt Hellerhöfe konkret:

  • Mindestens 60% Sozialwohnungen im Förderweg 1.
  • Die Zusicherung von Wohnraum im Neubauprojekt für alle hier verdrängten Personen und eine bis dahin lebenswerte Übergangslösung.
  • Ermöglichung kostenfreier Zwischennutzung durch wohnungslose Personen für die Zeit des Leerstands bis zum Abriss.

Unser Appell an die Stadt Frankfurt:

  • alle leerstehenden und bezugsfertigen Gebäude in Frankfurt als kostenfreien Wohnraum, besonders für bedürftige Menschen und ihre Familien zur Verfügung zu stellen.
  • kein Abstellen von Strom und Gas aufgrund von Zahlungsunfähigkeit sowie ein allgemeiner Zwangsräumungsstop.
  • Abstimmung über den Frankfurter Mietentscheid.
  • Verpflichtung zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für alle.

Pressemitteilung 3.12.2022