Faule Versprechen – Der „Mietenstopp“ bei Vonovia

erstellt von Initiative Eine Stadt für Alle! — zuletzt geändert 2021-03-26T13:08:21+01:00
OB Feldmann (SPD) betitelt Vereinbarung als „echten Meilenstein” - doch das Versprechen ist irreführend und stellt lediglich den Versuch des Konzerns dar, sein Image aufzupolieren. Verdrängungsprozesse werden so nicht gestoppt.

Vonovia und die Stadt Frankfurt haben eine Vereinbarung getroffen: Das Wohnungsunternehmen will die Mieten im Schnitt nur noch um höchstens ein Prozent pro Jahr in den nächsten drei Jahren erhöhen. Was sich zunächst nach sozialverträglicher Wohnungspolitik anhört, entpuppt sich als Imagekampagne im Wahlkampf der SPD. Der finanzmarktorientierte Konzern wird seine Wege finden, Profite auf Kosten der Mieter*innen zu maximieren. Hierfür sprechen u.a. folgende Gründe: 

Erstens: Die Vereinbarung ist nicht rechtlich bindend und damit nicht einklagbar. Gegen eine Mietbegrenzung ist grundsätzlich nichts einzuwenden, aber sie hilft Mieter*innen nur, wenn sie nachvollziehbar und durchsetzbar ist - auch vor Gericht. Zudem gilt der sogenannte „Mietenstopp“ lediglich für drei Jahre. Danach kann Vonovia wieder Mietsteigerungen von 15 Prozent vornehmen, die dem rechtlichen Maximum entsprechen.

Zweitens: Die Mieten der 11.500 Vonovia Wohnungen in Frankfurt sollen „durchschnittlich“ nur wenig steigen. Einzelne Wohnungen oder auch ganze Siedlungen können durch diese Pauschal-Bezeichnung von der Regelung ausgenommen werden. 

Drittens ist eine weitere Regelung irreführend: Vonovia verpflichtet sich dazu, die Mieten nach energetischen Sanierungen um höchstens zwei Euro pro Quadratmeter zu erhöhen. Die Deckelung von zwei Euro pro Quadratmeter ist bereits bundesweit vorgeschrieben – solange die Ausgangsmieten nicht mehr als sieben Euro pro Quadratmeter betragen. In größeren Teilen des Vonovia-Bestandes waren also auch in der Vergangenheit keine höheren Modernisierungsmieterhöhungen möglich. Hinzu kommt, dass derartige Mieterhöhungen in Höhe von zwei Euro pro Quadratmeter in der Regel nicht sozialverträglich sind und für viele Haushalte extrem hohe finanzielle Belastungen darstellen. Immerhin bedeutet dies oft Hunderte Euro pro Wohnung im Monat – und das für Menschen, die sich auch vor der Modernisierung die Miete kaum leisten konnten. 

Modernisierungen, wie sie Vonovia in den letzten Jahren in der Knorrstraße und in der Wallauer Straße in Frankfurt vorgenommen hat, werden also weiterhin stattfinden. Gerade bei diesen beiden Beispielen im Gallus reihte sich ein Skandal an den nächsten: Aufgrund untragbarer psychischer, physischer und finanzieller Belastungen wurden viele Haushalte verdrängt, bei Neuvermietung sind die Mieten deutlich gestiegen.  

Viertens: Vonovia verspricht, dass Corona-bedingte Mietausfälle kein Grund für eine Kündigung bzw. Zwangsräumung sind. Diese Regelung geht allerdings mit klaren Einschränkungen einher: Mietausfälle müssen im Einzelfall glaubhaft gemacht werden und bedeuten bürokratische, uneinheitliche Individuallösungen für einzelne Mieter*innen. Andere Gründe für Mietausfälle können weiterhin als Kündigungsgrund dienen und über eine Zwangsräumung in die Wohnungslosigkeit führen. 

All dies zeigt, dass die Vereinbarung zwischen der Stadt Frankfurt und Vonovia lediglich ein Lippenbekenntnis ist, das nicht kontrolliert werden kann. Sie wurde außerdem unter Ausschluss von Mieter*inneninitiativen und -vereinen ausgehandelt und liegt nicht in voller Länge öffentlich vor.  

Trotz Corona-Krise verzeichnet der Immobilienkonzern Wachstum wegen gestiegener Mieten und zeigt damit, dass Profit über dem Grundbedürfnis Wohnen steht: „Was allen Mieter*innen schon klar ist, sagen wir deutlich: Vonovia trägt nicht zu einer sozialen Wohnungspolitik bei, sondern zu Gentrifizierung und Verdrängung! Mit der Vereinbarung will sich Vonovia als sozialer Vermieter in Szene setzen. Doch wir denken, Unternehmen wie Vonovia müssen - wie es das Berliner Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co. Enteignen fordert - vergesellschaftet werden, damit die Bestände sozialverträglich bewirtschaftet werden können”, so Mira Lauth von der Initiative Eine Stadt für Alle!

Initiative Eine Stadt für Alle!, Pressemitteilung, 26. März 2021