DGB zu Opernplatz-Krawallen: Sozioökonomische Hintergründe beleuchten

erstellt von DGB Frankfurt — zuletzt geändert 2020-07-28T16:27:21+01:00
„Die derzeitige Debatte ist geprägt von einer Fokussierung auf den Migrationshintergrund eines Teils der mutmaßlichen Straftäter. Diese Perspektive ist jedoch aus verschieden Gründen problematisch“.

    In der Debatte über die Krawalle auf dem Opernplatz vom 18. Juli 2020  vermisst der Frankfurter Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Philipp Jacks, die Perspektive auf sozioökonomische Hintergründe der Beteiligten: „Die derzeitige Debatte ist geprägt von einer Fokussierung auf den Migrationshintergrund eines Teils der mutmaßlichen Straftäter. Diese Perspektive ist jedoch aus verschieden Gründen problematisch“.  

     Zentrale Fragen bei der Suche nach der Ursache von Gewaltdelikten müssten die wirtschaftlichen und soziokulturellen Hintergründe, sowie die Zukunftsperspektiven der mutmaßlichen Täter in den Blick nehmen. „Schlechte Bildungschancen, Geldmangel, soziale Benachteiligung, Perspektivlosigkeit, aber auch innerfamiliäre Gewalterfahrungen, gelten laut zahlreicher Studien als klare Risikofaktoren für kriminelles und gewalttätiges Verhalten. Diese Faktoren müssen bei der Suche nach politischen Lösungsansätzen in den Mittelpunkt gestellt werden – unabhängig des Migrationshintergrundes“, so Jacks.

    Positiv bewertet Jacks, dass in der öffentlichen Debatte auch ein fragwürdiges Verständnis von Männlichkeit diskutiert wird. Doch auch hier gelte es, nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund zu kritisieren. „Toxische Männlichkeit“, so Jacks, „ist keineswegs ausschließlich unter migrantischen Männern zu finden. Dies zeigen auch die alljährlichen Statistiken von Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Die Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten, das Eindämmen von Gewalt in der Erziehung sowie das Zurückdrängen überkommener Männlichkeitsvorstellungen erscheinen daher als ein effektiver Weg der Prävention von Gewalt.“

    Wer sich nur auf toxische Männlichkeit unter Migranten fokussiert, leiste darüber hinaus tendenziösen und latent rassistischen Diskussionen Vorschub. „Es wäre großartig, wenn Männer mit rein deutscher Herkunft von archaischen Männlichkeitsbildern frei wären. Das ist aber leider noch lange nicht der Fall. Gerade in Deutschland wurde in Sachen Sozialchauvinismus im vergangenen Jahrhundert ein negativer Weltrekord gesetzt. Dieser wurde erst mit der 68er-Bewegung ernsthaft thematisiert und muss nun langsam, aber sicher auch aus der Umgangskultur verschwinden.“

    Weiterführende Infos:
    Zur Struktur und Entwicklung der Jugendgewalt in Deutschland.
    Ein Thesenpapier auf Basis aktueller Forschungsbefunde.
    https://www.fachportal-paedagogik.de/literatur/vollanzeige.html?FId=515106

    Philipp Jacks
    Geschäftsführer der DGB-Region Frankfurt-Rhein-Main
    Vorsitzender des DGB Frankfurt am Main, Pressemitteilung, 28. Juli 2020