Der Stiftungstrick der AfD - Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist gefährlich

Der Stiftungstrick der AfD - Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist gefährlich

Bildungsstätte Anne Frank warnt im Wahljahr: Die AfD-Stiftung erhielte bei Wiedereinzug der Partei in den Bundestag Steuergeld in Millionenhöhe. / Kampagne klärt über extrem rechte und revisionistische Positionen der Stiftung auf.

Kampagnenvideo mit prominenter Unterstützung durch Ruprecht Polenz, Carola Rackete, Beate Klarsfeld u.v.a. wird heute veröffentlicht

Zu Beginn des Bundestagswahljahres 2021 startet die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt/Main eine Aufklärungskampagne über die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Die extrem rechte Stiftung wird Millionen Euro aus Steuermitteln erhalten, sollte die AfD im Herbst zum zweiten Mal in den Bundestag einziehen.

"Wir warnen vor dem Stiftungstrick der AfD: Die Erasmus-Stiftung verschafft menschenfeindlichen Positionen einen intellektuellenAnstrich - das macht sie besonders gefährlich", sagt Saba-Nur Cheema, Pädagogische Leiterin der Bildungsstätte Anne Frank. Mit Millionen aus dem Bundeshaushalt wird die AfD-Stiftung weiter an Einfluss gewinnen, sie könnte auch verstärkt bildungspolitisch aktiv werden, etwa durch ein eigenes Stipendienprogramm für Studierende. "Als Institution, die sich seit Jahrzehnten für die historisch-politische Bildung einsetzt, bereiten uns in der Bildungsstätte Anne Frank die geschichtsrevisionistischen Positionen der AfD-nahen Erasmus-Stiftung schon seit Längerem große Sorgen", so Cheema.

Seit ihrer Gründung 2017 hat die Erasmus-Stiftung die Funktion, der AfD ein bürgerliches Antlitz zu geben und so auch in gesellschaftliche Kreise vorzudringen, zu denen die Partei selbst längst keinen Zugang mehr hat. Vordergründig geht es hier um Geschichte und Kultur im Rahmen scheinbar harmloser Vorträge und Diskussionsabende. Doch das Führungspersonal der Erasmus-Stiftung ist alles andere als harmlos: Neben der Vorsitzenden Erika Steinbach tummeln sich in Vorstand und Kuratorium Rassentheoretiker und Verschwörungsideologen, völkische Pseudowissenschaftler und knallharte Rechtsextreme aus dem Umfeld der Identitären Bewegung und des Antaios-Verlags von Götz Kubitschek. Cheema ist besorgt: "Wir alle kennen die verheerende Wirkung, die ein einziger rechtsextremer Geschichtslehrer auf das Geschichtsbewusstsein hat - nun stellen Sie sich vor, dass Hunderte rechtsextremer Kader vom Schlag eines Björn Höcke in dieSchulen, Universitäten, Museen, Gedenkstätten, YouTube-Kanäle und Leitmedien strömen".

Mit ihrer neuen Kampagne will die Bildungsstätte Anne Frank in diesem Jahr über die Erasmus-Stiftung aufklären. Den Auftakt macht ein fünf-minütiges Kampagnen-Video, in dem bedeutende Persönlichkeiten aus Politik, Zivilgesellschaft und Kultur erklären, welche Gefahr sie persönlich in der AfD-Stiftung sehen. Einer der Botschafter*innen ist der ehemalige Generalsekretär der CDU, Ruprecht Polenz: "Die Erasmus-Stiftung versucht planmäßig, die Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Konservativismus zu verwischen. Dem sollten wir einen klaren Riegel vorschieben." Außerdem treten in dem Kampagnen-Clip u.a. die ehemalige Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete, der Kabarettist Max Uthoff, die deutsch-französische Journalistin Beate Klarsfeld und Christoph Lübcke auf. Das Statement desSohns des ermordeten CDU-Politikers Walter Lübcke erinnert daran, dass Stiftungs-Vorsitzende Erika Steinbach den Hass auf seinen Vater kurz vor seinem Tod neu entfacht und Mordaufrufe in den Kommentarspalten ihrer Social Media-Accounts nicht gelöscht hatte.

"Die breite Unterstützung, die unsere Aufklärung schon jetzt erfährt, zeigt, dass wir einen Nerv getroffen haben", betont Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, zum erfolgreichen Kampagnenstart. Dabei fällt auf: Demokratisch gesinnte Menschen - unabhängig von ihrer parteipolitischen Orientierung - zeigen sich besorgt über dieAfD-nahe Stiftung. "Eine Demokratie sollte die Feinde der Demokratie nicht aus Steuermitteln finanzieren", sagt Mendel. Er fordert: "Bundestag und Gerichte müssen die Gefahr, die von der AfD-Stiftung ausgeht, umgehend genauer in den Blick nehmen, bewerten und bannen."

Bereits 2018 hatte die Bildungsstätte Anne Frank ein Themenheft "Wie die Rechten die Geschichte umdeuten" herausgegeben und gemeinsam mit namhaften Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen von Gedenkstätten eine Petition initiiert, um zu verhindern, dass Steuergeld an Geschichtsrevisionist*innen fließt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat auf das an ihn gerichtete Schreiben bis heute nicht reagiert - mit der neuen Kampagne soll nun eine breitere Öffentlichkeit für das Anliegen sensibilisiert werden.

Zur Aufklärung über die Mitglieder und die Ideologie der Erasmus-Stiftung sowie über ihre Bedeutung für die extreme Rechte veröffentlicht die Bildungsstätte Anne Frank Social-Media-Beiträge mit den Hashtags #Stiftungstrick, #VorsichtVölkischesVirus oder #KeinSteuergeldfürHass und veranstaltet Online-Talks. Auf der Kampagnen-Website www.stiftungstrick-der-afd.com werden sämtliche Analysen zur Stiftung gesammelt, ein FAQ beantwortet die wichtigsten Fragen in Kürze.

Als nächste Schritte wird die Bildungsstätte Anne Frank zusammen mit Rechtsexpert*innen einen Gesetzentwurf erarbeiten, der die Vergabe staatlicher Fördermittel an die Verfassungstreue einer Organisation knüpft. Über verschiedene Wege, die politische Bildung vor Geschichtsfälschern zu schützen, möchte die Bildungsstätte Anne Frank ab dem Frühjahr mit zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie Verantwortlichen aller demokratischen Parteien in den Dialog treten.

Bildungsstätte Anne Frank, Pressemitteilung, 14. Januar 2021