Appell an die Landesregierung: Hessisches Versammlungsgesetz stoppen!

erstellt von Bündnis Hessisches Versammlungsgesetz stoppen — zuletzt geändert 2023-03-17T15:45:02+02:00
Die hessische Schwarz-Grüne Landesregierung plant, ein eigenes Versammlungsgesetz in Hessen zu erlassen. Doch dieses befasst sich vielmehr mit den Gefahren, die von Versammlungen ausgehen könnten, als mit dem eigentlichen Schutz der Versammlungsfreiheit.

Dabei gibt es aktuell mehr als genug Gründe für Protest. Seien es steigende Preise, unzureichende Klimaschutzmaßnahmen oder zunehmende rechte Gewalt. Lebendige Demonstrationen sind ein wichtiger Teil der öffentlichen Meinungsäußerung- und Bildung. Diese Demonstrationen dienen als politisches Frühwarnsystem und sind somit elementar für die Demokratie

Doch diesem Anspruch wird der derzeitige Gesetzentwurf der Landesregierung nicht gerecht. Vielmehr schränkt er den Zugang zu Versammlungen ein, kriminalisiert Teilnehmer*innen und verstärkt die Überwachung von legitimem Protest.

Mit dem neuen Versammlungs”freiheits”gesetz könnten sogenannte Kontrollstellen eingerichtet werden, um Personenkontrollen bereits im Vorfeld von Versammlungen durchzuführen. Der bloße Verdacht, dass Personen eine Versammlung stören wollen, könnte für die Polizei ausreichen, ihre Identität festzustellen und ihnen die Teilnahme an der Demonstration und damit die Ausübung ihrer Grundrechte zu verbieten. Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit, vermehrt personenbezogene Daten von Versammlungsleiterinnen und Ordnerinnen abzufragen. Dieses Vorgehen verwehrt das Recht auf Anonymität und steht der Staatsferne auf Demonstrationen im Weg. Wer an welcher Versammlung teilnimmt, geht den Staat nichts an!

Vermehrter Polizeikontakt und damit einhergehendes Racial Profiling, kann außerdem besonders für People of Color, Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus und andere sowieso schon von Diskriminierung betroffene Gruppen abschreckend sein und zu einem Fernbleiben von Versammlungen führen. Doch gerade für Minderheitengruppen ist die Versammlungsfreiheit wichtig. Es ermöglicht ein Mindestmaß an demokratischer Partizipation, wenn sonst bspw. wegen fehlendem Wahlrecht oder Unterrepräsentation im öffentlichen Diskurs kaum am politischen Prozess teilgenommen werden kann. Gerade deswegen ist es auch so wichtig, dass hier von strafrechtlichen Sanktionierungen abgesehen wird.

Während andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein dies bewusst getan haben, um eine Kriminalisierung von Versammlungsteilnehmer*innen zu vermeiden, enthält der Entwurf der hessischen Landesregierung einen sehr umfangreichen Straftaten- und Ordnungswidrigkeitenkatalog. Dieses Gesetz ist nicht modern, sondern macht vielmehr den Anschein einer “Law and Order” Politik!

Auch soll das dauerhafte Abfilmen vom Versammlungsgeschehen durch Drohnen aus der Luft und kameraführende Beamte am Boden präventiv erlaubt werden. Des Weiteren soll die Polizei Zivilbeamtinnen ohne Erkennung in Demonstrationen einsetzen dürfen. Dieser Generalverdacht gegenüber Versammlungsteilnehmerinnen, geht mit verstärkter Anwesenheit der Polizei einher. Das kann schlussendlich die Außenwirkung und Kommunikation der Versammlungsinhalte stark beeinflussen. Freiheit von Observation und Registrierung sieht so nicht aus.

Wie eine Versammlung gestaltet wird, muss in den Händen der Organisatorinnen und Teilnehmerinnen liegen. Das sogenannte Militanz- und Einschüchterungsverbot ist einer der Punkte, die dem im Weg steht. Gewerkschaften, aber auch Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung nutzen einheitliche Kleidung, um Versammlungen einen geeinten Ausdruck zu verleihen und Zugehörigkeit zu ihrem Betrieb/ihrer Vereinigung zu signalisieren. Das gemeinsame Tragen von Warnwesten, Maleranzüge oder Arbeitsuniformen würde durch dieses Verbot kriminalisiert werden. Die Ausgestaltung einer Versammlung kann auch durch das Aufteilen der Demo in Blöcke erfolgen. Anders als im Gesetzentwurf beschrieben, ist dies nicht mit Gewaltbereitschaft gleichzusetzen, sondern dient vielmehr, um inhaltliche Differenzierungen von verschiedenen Gruppen auf der Versammlung sichtbar zu machen.

Mit dem neuen Versammlungsgesetz wäre beides so nicht mehr möglich. Harmlose Handlungen könnten fortan – ohne klar erkennbare Kriterien – als Gewaltbereitschaft ausgelegt werden und Versammlungsteilnehmer*innen würden sich plötzlich an der Grenze zur Illegalität bewegen.

Diese tiefgreifenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit können wir so nicht hinnehmen. Ausdrucksstarker und kreativer Protest stellt keine Gefahr dar! Wir lassen uns nicht kriminalisieren! Wir brauchen ein Versammlungsgesetz, das uns schützt, denn das Versammlungsrecht ist essentiell für unsere Demokratie, genau so wie eine bunte und vielfältige Versammlungs- und Demonstrationskultur!

Deswegen fordern wir von der Landesregierung den sofortigen Stopp des neuen Versammlungs”freiheits”gesetzes, mindestens aber den Aufschub der Abstimmung in der kommenden Plenarwoche.

#VersammlungsgesetzStoppen

Unterzeichner*innen:

  • Aktionsbündnis feministischer Kampftag Mainz
  • AKU Wiesbaden
  • Antifaschistische Basisgruppe Frankfurt/Offenbach
  • AStA Hochschule Darmstadt
  • AStA TU Darmstadt
  • Asta Uni Gießen
  • Attac Frankfurt
  • Black Community Foundation Wiesbaden
  • Blackpower FFM
  • Bündnis gegen Rechts Darmstadt
  • Café Klatsch Wiesbaden
  • Cop Watch FFM
  • Demosanis Frankfurt
  • Die Linke Frankfurt
  • Die Linke Wiesbaden
  • Ebbe Langt’s
  • EG Frankfurt
  • F.I.S.H. (Linke Liste) Hochschule Darmstadt
  • FFF Bensheim
  • FFF Darmstadt
  • FFF Frankfurt
  • FFF Fulda
  • FFF Gießen
  • FFF Marburg
  • FFF Rheingau-Taunus-Kreis
  • FFF Wiesbaden
  • GEW Hessen
  • Greenpeace Frankfurt
  • IG Metall Jugend Darmstadt
  • IL Darmstadt
  • IL Frankfurt
  • IL Marburg
  • Internationalistischer Block
  • Jugendantifa Frankfurt
  • Juso Hochschulgruppen Hessen
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie
  • Naturfreunde Hessen
  • Naturfreunde Rüsselsheim
  • OAT Darmstadt
  • OAT Frankfurt
  • OAT Wiesbaden
  • Rote Hilfe
  • Stadtschüler*innenrat Darmstadt
  • Unter_bau
  • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) – Bundesvorstand
  • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) – Regionalgruppe Frankfurt am Main
  • VNN-BdA Frankfurt
  • Wald-Statt-Asphalt

    hessen-versammlungsgesetz-stoppen.de, Stand 16.03.2023