Antrag: Einrichtung eines Akteneinsichtsausschusses „Korruptionsverdacht bei der ABG Holding“

erstellt von Die Linke. im Römer — zuletzt geändert 2023-05-22T20:57:31+02:00
Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer an die Stadtverordnetenversammlung

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Die Stadtverordnetenversammlung richtet nach § 50 Abs. 2 der Hessischen Gemeindeordnung in Verbindung mit § 10 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung einen Akteneinsichtsausschuss „Korruptionsverdacht bei der ABG Holding“ ein.

Gegenstand des Ausschusses ist die Aufklärung darüber, warum der Magistrat der Stadt Frankfurt, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitz der ABG Holding, von der Geschäftsführung der ABG Holding über die seit 2021 laufenden staatsanwaltlichen Korruptionsermittlungen gegen zwei Mitarbeiter*innen der ABG Holding einschließlich Durchsuchungen von Geschäftsräumen der ABG Holding im Oktober 2021 nicht informiert wurde.

Darüber hinaus soll geklärt werden, inwiefern dabei ein Organversagen des Aufsichtsrats der ABG Holding eine Rolle gespielt hat. Dieser hat sich im Herbst 2022 erst anderthalb Jahre nach den letzten Kommunalwahlen neu konstituiert, sodass hier möglicherweise Kontroll- und Berichtspflichten verletzt wurden. Zu prüfen ist, ob gesetzliche Vorschriften missachtet wurden. Dies betrifft sowohl den aktuellen als auch den vorherigen Aufsichtsrat.

Zu diesem Zwecke soll Einsicht gewährt werden in alle in der Sache einschlägigen und verfügbaren städtischen Unterlagen/Dokumente/Aktenbände, insbesondere Aufsichtsratsprotokolle und Schriftverkehre zwischen Stadt und ABG Holding, für den Zeitraum seit Beginn der staatsanwaltlichen Ermittlungen.

Ferner soll Einsicht gewährt werden in die in der Sache geführte Korrespondenz der beteiligten Organe mit der Staatsanwaltschaft. Mögliche fehlende Dokumente sollen von der Geschäftsführung der ABG Holding unverzüglich eingefordert und zur Verfügung gestellt werden. Die Akteneinsichtsunterlagen sollen auch eventuelle Hinweise durch Hinweisgeber*innen (anonym oder ggf. Klarnamen) enthalten.

Darüber hinaus sollen alle das Verhältnis der Stadt Frankfurt zu seinem Tochterunternehmen ABG Holding betreffende bzw. regelnde (Gesellschafts-) Verträge, Beteiligungsrichtlinien und (gesetzliche) Grundlagendokumente vorgelegt werden, insbesondere jene, die (auch vor dem Hintergrund der angestrebten kooperativen Mitgliedschaft der Stadt Frankfurt bei der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International) die Transparenzregeln und Mitteilungspflichten betreffen.

Der Akteneinsichtsausschuss soll dabei folgenden Fragen auf den Grund gehen:
1. Seit wann ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen Korruptionsverdachts bei der ABG Holding und wann und durch wen wurde der Aufsichtsrat der ABG Holding sowie der Magistrat der Stadt Frankfurt über die staatsanwaltlichen Ermittlungen in Kenntnis gesetzt?

2. Welche Vereinbarungen oder Niederschriften bestehen hinsichtlich Kontroll- und Berichtspflichten der Geschäftsführung gegenüber seinem Aufsichtsrat, welche gegenüber der Stadt Frankfurt?

3. Welchen Mitteilungspflichten unterliegt die Geschäftsführung der ABG Holding gegenüber seinem Aufsichtsrat, welchen gegenüber der Stadt Frankfurt? Welche Kontroll- und Berichtspflichten hat der Aufsichtsrat der ABG Holding? Welche Aufsichtspflichten gegenüber seinem Tochterunternehmen hat die Stadt Frankfurt? Welche dieser Pflichten wurden verletzt und warum?

4. Wann und in welcher Besetzung hat der Aufsichtsrat der ABG Frankfurt im Zeitraum seit Beginn der staatsanwaltlichen Ermittlungen getagt? Wann, in welcher Form und Inhalt wurden die staatsanwaltlichen Ermittlungen im Aufsichtsrat der ABG Holding behandelt? Und wenn nicht, warum?

5. Welches Risikomanagementsystem führt(e) die Geschäftsführung der ABG Holding durch und wie haben sich der Aufsichtsratsvorsitzende und der Aufsichtsrat dazu verhalten?
6. Welchen Transparenzregeln unterliegt die Stadt Frankfurt als Anwärter auf eine kooperative Mitgliedschaft bei Transparency International?

Begründung:
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt aktuell gegen zwei Mitarbeiter*innen der städtischen Wohnungsgesellschaft ABG Holding wegen des Verdachts der Bestechlichkeit.

Im Oktober 2021 schon soll die Staatsanwaltschaft deswegen Durchsuchungen bei der ABG Holding vorgenommen haben. Geschäftsführer Frank Junker hat seinerzeit den ABG-Aufsichtsrat nicht über die Korruptionsermittlungen informiert, die sich auf die bevorzugte Vergabe von ABG-Mietwohnungen gegen Schmiergeldzahlungen beziehen. Erst anderthalb Jahre später kamen durch Recherchen des Hessischen Rundfunks die Vorwürfe an die Öffentlichkeit. Weder der Beteiligungsdezernent Bergerhoff (Grüne) noch der damalige Planungsdezernent und heutige Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt Josef (SPD) sehen einen Verstoß der Transparenz- und Meldepflichten durch die Geschäftsführung der ABG Holding gegeben. Gleichfalls weisen Sie ein Kontrollversagen des ABG-Aufsichtsrats zurück.

Transparency International, bei der die Stadt Frankfurt aktuell eine kooperative Mitgliedschaft anstrebt, und der Landesrechnungshof kritisieren dieses fehlende Verständnis der demokratischen Kontrolle öffentlicher Unternehmen scharf. Die Veruntreuung von Steuergeldern beschädigt das Vertrauen in die Unparteilichkeit der Kommunalverwaltung. Volle Transparenz und ein verantwortungsvolles Handeln der Entscheidungsträger*innen sowie städtischer Beschäftigter sind daher unabdingbar.

Um das Vertrauen der Menschen in die städtische Wohnungsgesellschaft ABG Frankfurt Holding wiederherzustellen, braucht es Aufklärung und Konsequenzen. Neben der juristischen Klärung der schwerwiegenden Vorwürfe gegen zwei ABG-Beschäftigte bedarf es eines Akteneinsichtsausschusses, um lückenlos aufzuklären, warum die Stadtverordnetenversammlung nicht unmittelbar über den Korruptionsverdacht bei der ABG informiert wurde.

DIE LINKE. im Römer 22.5.2023