ABG-Junker belegt seine öffentlichen Behauptungen nicht

erstellt von Mietentscheid Frankfurt — zuletzt geändert 2019-06-19T18:16:12+01:00
Offener Brief vom Mietentscheid Frankfurt an OB Peter Feldmann

 

Frankfurt am Main, 19. Juni 2019

Sehr geehrter Herr Feldmann,

wir wenden uns mit diesem Schreiben in Ihrer Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrats der ABG an Sie, weil wir in den vergangenen 11 Monaten wiederholt öffentliche Falschaussagen oder nicht mit Fakten untermauerte Behauptungen des Vorsitzenden der Geschäftsführung der ABG, Frank Junker, beobachten konnten. Diese sollen wohl dazu dienen, das Bürger*innenbegehren Mietentscheid Frankfurt in Misskredit zu bringen.

Im öffentlichen demokratischen Raum müssen unterschiedlichste Argumente und Gegenargumente Ihren Platz haben. Wenn aber wiederholt unwahre oder bewusst ohne faktische Untermauerung aufgestellte Behauptungen den Diskurs prägen, ist das problematisch. Wie bewerten Sie die Aussagen von Frank Junker und wie gedenkt der Aufsichtsrat der ABG mit der öffentlichen Rolle von Frank Junker und den damit verbundenen unwahren Behauptungen umzugehen?

In der FAZ vom 14.6. behauptete Frank Junker einmal mehr, die Forderung des Mietentscheids nach 100 Prozent gefördertem Wohnraum sei nicht finanzierbar und würde zu „Hochhaus-Ghettos“ führen. Diese Aussagen sind falsch und versuchen bewusst, ein negatives Bild vom geförderten Wohnungsbau und vom Mietentscheid hervorzurufen. Bei den jetzigen Einkommensgrenzen haben jedoch 68 Prozent der Frankfurter Miethaushalte Anspruch auf eine geförderte Wohnung. Die Bezahlbarkeit unserer Forderungen durch eine moderate Erhöhung des Gewerbesteuersatzes und aus den hohen Jahresüberschüssen der ABG haben wir schon vor zehn Monaten in unserem Finanzierungsvorschlag dargelegt. Bisher hat die ABG keine Zahlen vorgelegt, die eine Nicht-Finanzierbarkeit belegen.

Die Äußerungen von Junker zur Finanzierbarkeit des Mietentscheids reihen sich in zahlreiche Falschaussagen zu den Möglichkeiten der Wohnungspolitik in den letzten Jahren ein. Im Januar 2015 kommentierte Junker die Idee einer Mietpreisbegrenzung auf fünf Prozent in drei Jahren bei der ABG mit den Worten: „Das geht nicht“ (FR, 25.01.15). Im Juli 2016 trat eine solche Begrenzung (sogar auf fünf Prozent in fünf Jahren) in Kraft und wurde im Dezember 2018 um weitere fünf Jahre bis

2026 verlängert. Junkers  Behauptung, „die Mietpreise würden explosionsartig steigen“ (FR, 12.01.16), weil die ABG-Wohnungen aus der Berechnung des Mietspiegels herausfallen würden, hat sich nicht bestätigt.

Im Juli 2015 hielt Junker „schon eine Quote von 40 Prozent“ geförderte Wohnungen bei der ABG für „nicht darstellbar“ (FR, 29.07.15). Nicht einmal ein Jahr später hieß es dann: „40 Prozent wären gerade noch darstellbar. Mehr geht aber nicht“ (FR, 31.05.16). Nachdem im Dezember

2018 eine Quote von „deutlich über 40 Prozent“ beschlossen wurde, änderte Junker seine Meinung abermals: „Die heutigen Entscheidungen sind für das Gesamtunternehmen tragbar und setzen den erfolgreichen Kurs der ABG zur Schaffung von günstigem Wohnraum für alle Frankfurter und Frankfurterinnen fort“ (Journal Frankfurt, 21.12.18).

Diese wiederholten Meinungsänderungen rückt Junkers Darstellung der Forderungen des Mietentscheids als nicht finanzierbar in ein schiefes Licht. Entweder Frank Junker kennt wesentliche Kennziffern der Wohnungswirtschaft nicht, oder er verbreitet gezielt falsche Behauptungen.

Wir möchten deshalb von Ihnen wissen, Herr Feldmann: Teilt der Aufsichtsrat bzw. teilen Sie als Vorsitzender des Aufsichtsrats die Position, dass die Forderungen des Mietentscheids wirtschaftlich nicht darstellbar sind?

Falls es Frank Junker allerdings nur darum geht, eine möglichst maximale Rendite der ABG zu verteidigen, sollte er das öffentlich vertreten. Wir dagegen wollen die ABG  zu ihrem ursprünglichen Zweck zurück in die Zukunft führen: Bezahlbaren Wohnraum für die Mehrheit der Frankfurter*innen bereitzustellen.

Klar ist: Die Frankfurter*innen lassen sich die aktuelle Wohnungspolitik nicht mehr gefallen. 8.000 Menschen (aus Frankfurt und Hessen) haben mit uns im letzten Herbst demonstriert, 25.000 haben unser Bürger*innenbegehren unterschrieben. Und in einer aktuellen repräsentativen Umfrage stellen sich 63% der Frankfurter Bürger*innen hinter den Mietentscheid.

Für Frank Junker mag die politische Meinung einer klaren Mehrheit der Frankfurter*innen „null Aussagewert“ (FAZ, 14.06.19) haben. Uns zeigt sie: Wenn die Stadtregierung  und die ABG nicht handeln, nehmen wir Frankfurter Bürger*innen die Sache selbst in die Hand. Gemeinsam werden wir eine andere Wohnungspolitik durchsetzen.

 

Mit freundlichen Grüßen

das Bündnis Mietentscheid Frankfurt