65 neue „Stolpersteine" in Frankfurt

erstellt von Initiative Stolpersteine Frankfurt — zuletzt geändert 2021-08-30T14:52:13+01:00
Vom 3. bis 5. September 2021 werden in Frankfurt 65 neue Stolpersteine zum Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus feierlich enthüllt.

Die im Rahmen des Kunst- und Gedenkprojekts des Künstlers Gunter Demnig hergestellten Steine wurden in den letzten Tagen an 21 verschiedenen Adressen in den Stadtteilen Bornheim, Eschersheim, Innenstadt, Niederrad, Nordend, Ostend, Sossenheim und Westend verlegt. Erstmals gibt es auch einen Stolperstein im Stadtteil Harheim.

Die Mehrzahl der Steine, deren Verlegung ursprünglich für Mai geplant, dann aber corona-bedingt abgesagt werden musste, erinnern an jüdische Opfer: Es wird aber auch politisch verfolgten Widerstandskämpfern und Opfern der NS-Krankenmorde gedacht.

Die Steine werden vor dem letzten frei gewählten Wohnort der Opfer in einer kleinen Zeremonie in Anwesenheit von Nachkommen und anderen Ehrengästen enthüllt. Die meisten Zeremonien werden musikalisch begleitet. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen und werden gebeten, die aktuellen Pandemie-Regeln für Zusammenkünfte im Freien (Abstand, ggf. Maske) einzuhalten.

Auftakt ist am Freitag (3.9.) um 10:30 Uhr in der Bockenheimer Anlage 37 die Verlegung der Steine für die in die USA geflüchteten Bertha, Gabriele und Heinrich Bodenheimer, initiiert von Eintracht Frankfurt, wo Bertha Bodenheimer als Tennisspielerin aktiv war. Danach folgt in der Böhmerstraße 20 das Gedenken an den nach Lodz deportierten und ermordeten Frankfurter Bankier Max Badmann und seine Familie, initiiert von der Deutschen Bank.

Unter den weiteren fünf Verlegungen für vertriebene oder ermordete Bürger des Westends ist in der Friedrichstraße 39 die Familie Levy, Robert und Elisabeth, die mit ihrer Tochter Grete 1942 nach Lodz und Chelmno deportiert und ermordet wurden. Ihr Sohn Rudolf wurde in der zu einer Tötungsanstalt umgebauten "Heilanstalt" Hadamar Opfer der als "T4-Aktion" bezeichneten Ermordung kranker und behinderter Menschen.

Allein vor dem Haus Telemannstraße 5 werden acht Stolpersteine verlegt. Unter den Verfolgten, denen eine Flucht ins Ausland gelang, sind auch der Bildhauer und Schöpfer des Frankfurter Denkmals für den Ersten Weltkrieg und der Menora vor der Knesset in Jerusalem, Benno Elkan (Guiolletstraße 39) und der bekannte Publizist und Politikwissenschaftler Alfred Grosser (Mendelssohnstraße 92), der nach dem Krieg als Förderer der deutsch-französischen Freundschaft unter anderem den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt. Sein Vater Paul Grosser, der im französischen Exil verstarb, war Leiter des Clementine Kinderhospital in Frankfurt. Initiiert wurde die Verlegung durch das Frankfurter Bürgerhospital, wie auch die in der Nibelungenallee 37-41 auch die fünf Steine vor dem Gebäude des Bürgerhospitals (Nibelungenallee 37-41) für die Familien von Josef Igersheimer und Arthur Kutz, die dort beide als Ärzte wirkten.

Der Samstag (4.9.) beginnt um 10:00 in der Breite Gasse 23 mit den Steinen für den nach Paris geflüchteten und dort im Widerstand aktiven Kommunisten Peter Gingold und seine Familie. In Eschersheim (Willibrachtstraße 13) wird dem Mitverschwörer des 20. Juli, Friedrich Karl Klausing gedacht. Der erste Stolperstein in Harheim wird in der Korffstraße 9 für den kommunistischen Widerstandskämpfer Karl Kullmann verlegt.

An weitere als Sozialdemokraten bzw. Kommunisten Verfolgte wird am Sonntag (5.9.) in den Zeremonien für Walter Kirchherr (Bergerstraße 84), Walter Allfeld und seine Familie in der Renneroder Straße 23 (Sossenheim) sowie Alfred Oswalt und Fritz und Lore Simon (Niederrad, Holzhecke 27) erinnert.

Stolpersteine sind 10 cm x 10 cm x 10 cm große Betonquader mit einer auf deren Oberseite verankerten Messingplatte, auf der die Namen und Daten von Menschen eingraviert sind, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden, aus Deutschland fliehen mussten oder die Lager überlebten. Sie werden in die Bürgersteige vor den letzten freiwilligen Wohnorten der Opfer eingelassen.

Seit 2003 wurden bislang in Frankfurt 1.560 Stolpersteine verlegt, insgesamt hat der Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, über 85.000 Stolpersteine in mehr als 1.200 Städten und Gemeinden in Deutschland und 24 europäischen Ländern verlegt. Die Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

Der aktuelle Zeitplan findet sich auf unserer Internetseite unter www.stolpersteine-frankfurt.de

Pressemitteilung 30.08.2021