38 neue „Stolpersteine“ in Frankfurt

erstellt von Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main e.V. — zuletzt geändert 2020-10-16T12:43:21+01:00
38 neue „Stolpersteine“ werden am 22. und 23. Oktober in Frankfurt am Main verlegt und enthüllt.

 Am 22. Oktober verlegt der Künstler und Stolperstein-Erfinder Gunter Demnig persönlich an elf Stellen in mehreren Stadtteilen 23 Erinnerungssteine an Opfer des Nationalsozialismus. Am 23. Oktober werden 15 Stolpersteine, die in den Tagen zuvor vom Stadtteilservice ffmtipptopp verlegt wurden, mit feierlichen Zeremonien enthüllt. Die Verlegungen und Enthüllungen werden musikalisch begleitet. Eingeladen sind alle Interessierte, dabei wird gebeten, die coronabedingten Hygieneregeln mit Maske und Abstand zu beachten

Verlegungsauftakt ist am Donnerstag (22.10.) um 10 Uhr vor dem Goethegymnasium in der Friedrich-Ebert-Anlage 22. Verlegt werden dort Stolpersteine für den einstigen Schuldirektor Ernst Neustadt und seine Frau Gertrud, die beide 1939 nach Schottland flüchteten und sich dort im April 1942 das Leben nahmen. Die meisten Stolpersteine, die an den beiden Tagen verlegt werden, erinnern an jüdische Opfer, vier an „Zeugen Jehovas“, drei an Menschen aus dem politischen Widerstand und zwei an “Euthanasie”-Opfer.

In der Königswarterstraße 13 werden um 13 Uhr fünf Stolpersteine für die Familie de Jong verlegt. Initiatior dieser Verlegung ist Kurt de Jong, der viele Jahre im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt tätig war. Erinnert wird an seinen Vater Izaak de Jong, der mit seiner ersten Frau und drei Söhnen 1938 nach Holland geflohen war und 1942 nach Auschwitz deportiert wurde und als einziger der Familie überlebte.

Die letzte Verlegung an diesem Tag findet um 16.45 Uhr in der Niederräder Reichtsforststraße 3 statt, wo an die beiden kommunistischen Widerständler Ettie und Peter Gingold erinnert wird, die sich nach ihrer Flucht nach Frankreich dort der Resistance anschlossen und am 25. August 1944 die Befreiung von Paris miterlebten. Beide waren nach dem Zweiten Weltkrieg Mitglieder der KPD, DKP und zuletzt der PDS.

An einen weiteren kommunistischen Widerstandskämpfer, Heinrich Schmidt, wird auch am Freitag in Griesheim erinnert. Vor dem Haus Zeil 29 werden zwei Stolpersteine für Paula und Fanny Bär, Großmutter und Tante der Frankfurter Zeitzeugin Edith Erbrichs enthüllt. Hier liegt bereits seit 2008 ein Stein für ihren Großvater Hugo Bär, der in Theresienstadt ermordet wurde. Edith Erbrich, die die Stolpersteine selbst initiierte, wurde 1945 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert und erlebte dort die Befreiung.

Stolpersteine sind 10 cm x 10 cm x 10 cm große Betonquader mit einer auf deren Oberseite verankerten Messingplatte, auf der die Namen und Daten von Menschen eingraviert sind, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden, aus Deutschland fliehen mussten oder die Lager überlebten. Sie werden in die Bürgersteige vor den letzten freiwilligen Wohnorten der Opfer eingelassen.

Seit 2003 wurden in Frankfurt 1.520 Stolpersteine verlegt, insgesamt hat der Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, über 80.000 Stolpersteine in mehr als 1.200 Städten und Gemeinden in Deutschland und 24 europäischen Ländern verlegt. Die Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. 

Wegen der Corona-Pandemie musste die für Mai geplante Verlegung von 60 Stolpersteinen ausfallen. Zu der Verlegung wollten rund 80 Angehörige und Nachfahren der Opfer vor allem aus Israel und den USA anreisen. Wann diese Verlegungen nachgeholt werden können, ist ungewiss.

 Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main e.V., Pressemitteilung, 15. Oktober 2020